Published 2.07.2025

Wärmewende im komplexen Bestand

Situation von Mehrfamilienhäusern mit Einzeleigentumsstrukturen in urbanen Lagen

Heat Transition in Existing Buildings Under Complex Conditions

Case of Multi-Family Houses With Atomised Ownership Structures in Dense Urban Contexts

Keywords: Energiewende; Bestandserneuerung; komplexer Wohnbestand; Ressourceneffizienz; energy transition; existing building adaption; complex housing stock; resource efficiency

Abstract:

Für die Umsetzung energetischer Maßnahmen in Siedlungsbeständen ergeben sich nach aktueller Gesetzeslage verschiedene Handlungsnotwendigkeiten. Besonders die unterschiedlichen Rahmenbedingungen führen dabei zu einer erhöhten Komplexität. Insbesondere die Eigentumsstrukturen, Alter und Art der Bestände sowie ihre Einbindung in die bauliche Umgebung zeigen sich wesentlich für die Komplexität der notwendigen technologischen und physischen Anpassungsprozesse. Der Artikel widmet sich den bestandsbezogenen Herausforderungen bei der Umsetzung von energetischen Maßnahmen im Siedlungsbestand. Hierbei fokussiert er auf einzelne Gebäude in historischer kompakter Bebauung der Städte mit heterogenen Eigentumsstrukturen. Es wird deutlich, dass Erfolge in komplexen Siedlungsbeständen vor allem dann erreicht werden, wenn Vorhaben kommunal integriert, prozessual, in der Umsetzung sowie finanziell und zusammengedacht werden.

Ressourcenorientierte Maßnahmen im Bestand

Bestehende Strukturen der Stadt haben eine besonders hohe Relevanz für den Klimaschutz, die Klimaanpassung und die Energiewende. 26,5 Prozent aller Wohngebäude sind in Deutschland vor 1949 entstanden, insgesamt etwa 65 Prozent vor 1980, also vor den ersten Energieeinsparverordnungen. Ihr Anteil liegt dabei in den neuen Bundesländern (inkl. Berlin) prozentual deutlich höher (Destatis o. J.; BBSR 2022; Statista 2024). Der Gebäudebestand bleibt für einen großen Teil des Energieverbrauchs verantwortlich (dena 2024): Alleine zwischen 2008 und 2022 sank zwar der gebäuderelevante Endenergieverbrauch um gut 15 Prozent (Umweltbundesamt 2025). Mit aktuell 35,5 Prozent bleibt dieser jedoch weiterhin ein besonders bedeutsamer Bereich für die Maßnahmen zum Erreichen der Klimaziele (Difu 2018: 245). Im Gebäudebestand wurde 2023 noch zu 80 Prozent mit fossilen Energieträgern Wärme erzeugt, allein bei der Warmwasserzubereitung waren es 66 Prozent. Im Neubau hingegen nutzen mittlerweile die Mehrheit der Gebäude andere Wärmegewinnungsverfahren. Generell wird dem Bestand eine Schlüsselrolle in den Bereichen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung zukommen, um die Klimaziele zu erreichen. Der Primärenergieverbrauch in Deutschland soll bis 2050 um insgesamt 50 Prozent gegenüber 2008 gesenkt werden (BMI 2020). Rund ein Drittel dieses Einsparziels fällt auf den Gebäudesektor. Dafür werden die bisherigen Maßnahmen wie eine kompakte Bauweise und die zusätzliche Isolierung der Gebäudehüllen allerdings nicht ausreichen. Die Lücke ist im Energiebereich aus heutiger Sicht nur über die Einbindung nachhaltiger Ressourcenströme zu schließen (Umweltbundesamt 2019a).

Im bestehenden Diskurs über die Bestandssanierung wurden bislang vorwiegend Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs im Gebäudebetrieb durch energetische Sanierung vorgezogen. Der Wärmebedarf stellt den meisten Energieverbrauch und CO2-Emissionen dar. Daher bestehen sowohl die seit den späten 1970er Jahren relevanten Vorgaben durch Wärmeverordnungen, als auch die späteren ökologisch und energiestrategisch bedingten Regelungen zum Betrieb von Wärmeenergieanlagen. Bei Mehrfamilienhäusern wurden in den meisten verwalteten Beständen teilweise energetische Maßnahmen umgesetzt. Ferner fokussiert die Debatte weiterhin auf Ein- und Zweifamilienhäuser, die rund die Hälfte aller Wohnungen und über 60 Prozent der Wohnfläche Deutschlands ausmachen (Empirica 2019). Dabei werden Ein- und Zweifamilienhäuser zu etwa 80 Prozent von den Eigentümer:innen selbst bewohnt, was eine Kosten-Nutzen-Abwägung zur Maßnahmenumsetzung deutlich vereinfacht. Die Motivationen zu Energiemaßnahmen bleiben nach Stieß et al. (2010) der thermische Komfort und wirtschaftliche Gründe. Empirische Studien zeigen dennoch, dass die Maßnahmenumsetzung dort wesentlich von individuellen Lebenssituationen abhängig ist, insbesondere vom Alter und Familienstand der Haushalte (Baumagazin 2023). Hinzu kommt, dass das Durchschnittsalter der Immobilienerwerbenden in Deutschland inzwischen bei 39 Jahren liegt (Dr. Klein 2024). Durch die Postulierung des Globalziele der Bundesregierung sind dabei die Art und Weise des Erreichungsgrades sowie die Motive und Ängste der Eigentümer:innen von Ein- und Zweifamilienhäusern in den Hintergrund der Debatten geraten (Empirica 2019: 5). Für das Einzeleigentum im Mehrfamilienaltbau blieb bis zur Verabschiedung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2023) die Umsetzung energetischer Maßnahmen ein ähnliches Randphänomen.

Mit der Verschärfung der Energiegesetze und der Anspruch in der 2024-Neufassung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Gebäuderichtlinie) bis 2035 soll der Primärenergieverbrauch im Bestand um bis zu 22 Prozent gesenkt werden. Dies führt zur Notwendigkeit, Maßnahmen mit komplexen Änderungen an technischen und betriebsbezogenen Betreibermodellen in den Bestandsimmobilien in den Fokus zu rücken. Nach Weiß et al. (2018: 8) stellte 2015 der Energieverbrauch aller Wohngebäude in Deutschland 927 TWh, bei vollständiger konventioneller Sanierung wären dies 580 TWh und bei zukunftsgerichteter Sanierung 299 TWh. Zu letzteren zählen gezielte Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs, insbesondere des Wärmeverbrauchs, durch Umsetzung höherer Isolierstandards, mit damit zusammenhängender Dämmung von Fassaden, Dächern, Fenstern und Türen. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern ergeben sich für die Maßnahmenumsetzung zumeist periodische Gelegenheitsfenster spätestens bei Weitergabe der Immobilien an neue Nutzende. Bei professionellen Vermietern spielen vor allem langfristige Sanierungspläne eine entsprechende Rolle. Ohnehin sind generell Sanierungen im Kontext von Investitionszyklen zu sehen (Weiß et al. 2018: 12ff und 19ff). Weit komplexer stellt sich die Situation bei privaten Kleinvermietern dar (ibid.: 15ff) sowie generell in Gebäuden mit individuell organisierten Beständen. Aufgrund von einschlägigen Fördermaßnahmen wie der KfW, Energieberatung und Bundes, Landes- und Kommunalförderungen erfolgt eine Unterstützung bei Sanierung. Dennoch kommen Eigentümergemeinschaften (WEG), welche einen Anteil von 22 Prozent am Wohnungsbestand haben, erst durch rechtliche Rahmensetzungen wie dem Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (GEG) ins Handeln (vgl. Kafke 2022). Die Dekarbonisierung solcher Bestände ist einerseits vom Ausbau der sie versorgenden lokalen, Nah- und Fernwärmenetze abhängig. Andererseits verlangt sie gegebenenfalls die Umstellung auf gemeinschaftliche lokale Gebäudeenergieversorgung zur Senkung des Primärenergiebedarfs. Neben bauthermischen Maßnahmen bedeutet dies eine Umstellung von individueller auf lokal-, nah- oder fernwärmenetzgebundene gemeinschaftliche Gebäudeversorgung.

Dieser Beitrag fokussiert die Ausgangssituation in Mehrfamilienhäusern mit komplexen Eigentumsstrukturen innerhalb verdichteter Siedlungsbereiche. Als komplex bezeichnet werden die Baustrukturen dann, wenn die einzelnen Bestandsgebäude innerhalb kompakter (Blockrand-)Bebauung individuelle Bauweisen vorweisen, sowie sich mehrere Einzeleigentümer:innen innerhalb eines Gebäudes vorfinden. Zusätzliche Komplexität können diese durch die Mischung von Eigennutzung und Vermietung des Einzeleigentums erlangen, sowie bei funktionaler Mischnutzung im Gebäude. Eine weitere, siedlungsbezogene Ebene, stellen unterschiedliche Eigentums- und Nutzermodelle sowie Nutzungen innerhalb eines Baublocks für eventuelle grundstücksüberschreitende Maßnahmen dar (BBSR 2024). Oben wurden bereits die für die Umsetzung der Energiewende im komplexen Bestand grundsätzlich relevanten rechtliche Rahmenbedingungen beschrieben. Im Weiteren werden die bautechnischen und teilweise auch akteursbezogenen und lage- beziehungsweise siedlungskontextbedingten Gegebenheiten dargestellt. Darüber hinaus sind auch weitere, hier nicht behandelte Rahmenbedingungen, etwa ökonomische oder soziale, relevant.

Rahmenbedingungen der Energiewende im Bestand

Die Akzeptanz und Hemmnisse innovativer Technologien sind mannigfaltig (BBSR 2024). Für die Umsetzung von ressourcenorientierten Maßnahmen sind drei wesentliche zusammenhängende Strategien von Bedeutung: das Prosumieren (Prosuming), also die Veränderung der Rolle von Endnutzern von Ressourcen als Verbraucher durch die zusätzliche Rolle als Produzenten (Bala und Schuldzinski 2016), das Teilen (Sharing) von Ressourcen (vgl. Bala und Schuldzinski 2016) und die Kopplung von Ressourcenquellen (Umweltbundesamt 2020). Trotz ihrer Effizienz und ihrem Beitrag zur Senkung des Energiebedarfs und somit des CO2-Ausstoßs stellen die oben genannten Strategien einen Bedarf an erhöhter Systemkomplexität dar.

Dabei bleibt aber zentral, dass innovative Technologie nicht zum Rebound-Effekt führen darf. Dies bedeutet, dass Systematisierung auch mit einer erhöhten Kommunikation und Bewusstseinsbildung der Eigentümer:innen und Nutzer:innen einhergehen muss.

Jenseits der Win-Win-Effekte entsteht aus der Verpflichtung zur gemeinsamen Kosten- und Lasten-Verantwortung auch ein Hemmnis aufgrund vorzuhaltender Anteilsinvestitionskosten zu Ungunsten anderer Investitionsentscheidungen Einzelner. Diese sind besonders hoch im Falle von nicht koordinierten Eigentums- und Nutzerstrukturen in älteren Beständen, da die Anzahl und Diversität einzelner Systeme höher liegt.

Physische und technische Voraussetzungen im Bestand

Für die Umsetzung von ressourcenorientierten Maßnahmen stellt die technische Aufrüstung bei den Bauherren, professionellen Erzeugern und Lieferanten eine Herausforderung dar. Wenn diese betriebsbedingt langfristig ökonomisch und ökologisch lohnend sein soll, so ist sie mit einem nicht unerheblichen Investitions-, Vertrags- und Betriebsaufwand verbunden. Denn auch die Energieproduktion und Ressourcenversorgung soll ab 2044 klimaneutral und ressourcenschonend erfolgen (§ 29 Abs. 1 WPG27).

Im Neubau lassen sich die technischen Voraussetzungen während der Aufbauphase herstellen. Fast zwei Drittel der 2023 errichteten Neubaugebäude nutzen Wärmepumpen zur Wärmeerzeugung, bei Baugenehmigungen sind es über drei Viertel, circa 9 Prozent heizt mit Fernwärme und nur noch 7,6 Prozent mit Gas. Heizöl ist für nur noch 0,2 Prozent der genehmigten Neubauten als Wärmequelle vorgesehen (BDEW 2024).

Im Gebäudebestand lassen sich Veränderungen in der Ressourcenversorgung kaum ohne technische Anpassungen umsetzen. Zunächst ist der aktuelle Zustand des jeweiligen Gebäudes und der Stand im Investitionszyklus Ausgangspunkt für die Amortisierung und Investitionsmöglichkeiten. Nicht zuletzt unterliegen die Ressourcenproduzenten und Zulieferinfrastrukturen eigenen lebenszyklischen Investitionslogiken; so werden beispielsweise bestehende Abwasserleitungen in der Regel nicht früher als nach 40 Jahren erneuert. Bei übergeordneten Infrastrukturen kann die Lebenszeit bei 70 bis 80 Jahren liegen, und bietet vorerst nur in diesen Zeitfenstern ökonomisch und betriebstechnisch sinnvolle Möglichkeit zum Einbau effektiver Technologien wie Wärmetauscher (BBSR 2024). Derzeit wird davon ausgegangen, dass die Dynamik der Umrüstung mit dem zunehmenden Alter der Wärmeanlagen zunehmen wird (BDEW 2024) und dass ihre Erneuerung auch Investitionen in weitere Systeme wie etwa der der Kraft-Wärme-Kopplung zufolge haben kann (BM 2019). Ebenso kann die Einführung der CO2-Bepreisung veränderte Investitionszyklen in der Wärmeplanung zu Folge haben. Die Rahmenbedingungen unterscheiden sich weiter durch das Alter und die Eigentumsform, Bauart und Ausstattung des Gebäudes. Handelt es sich um ein gründerzeitliches Gebäude, eines aus der Nachkriegszeit oder den 1980er Jahren, so sind die technischen Voraussetzungen wie Wärmeerzeugungsart, Leitungsführung, Zuschnitt und Zugang beziehungsweise Veränderbarkeit der Disposition oder Tragfähigkeit der Dachflächen zur Installation neuer Technologien maßgeblich (BMWE 2014).

Über 60 Prozent aller Wohnungen in Deutschland wurden 2023 mit gebäude- beziehungsweise gebäudeblockeigenen Zentrealheizungen beheizt (davon 5,7 Prozent mit Wärmepumpen), 15,2 Prozent wurden durch Fernwärme versorgt (BDEW 2023). Wohnungen ohne zentrale Wärmeversorgung, mit individuellen Heizquellen (Etagenheizung, Einzel- und Mehrraumöfen), stellten 2011 noch 15,7 Prozent dar (Destatis o. J.). 2023 waren es knapp 14,6 Prozent, zumeist in Beständen vor 1950, und bis auf Ausnahmen befanden sie sich in Mehrfamilienhäusern und somit in kompakten Lagen der (Groß)-Städte (Umweltbundesamt 2019; BDEW 2023). Somit stellt sich insbesondere für die kompakten Stadtlagen mit komplexen Eigentumsverhältnissen die Frage, inwieweit ihr Umrüstungstempo erhöht werden kann. Das GEG hält hierzu Fahrpläne gebäudebezogener Wärmekonzepte mit entsprechenden Fristen zur Planung und Umsetzung vor (BMWK und BMWSB o. J.). Diese beinhalten unter anderem die entsprechende Pflicht der Mitwirkung von Eigentümer:innen und Mieter:innen.

Akteurskonstellationen und -dynamiken als Handlungsvorrausetzungen

Für die Umrüstung der Bestände ist die Eigentums- beziehungsweise Verwaltungsform entscheidend. Für Wohnungsgesellschaften beziehungsweise -unternehmen, welche oft vergleichbare Bauarten von Gebäuden verwalten, ist die Umsetzung unter anderem aufgrund serieller Sanierung einfacher (dena 2024). Ein koordiniertes Vorgehen ermöglichen auch genossenschaftliche Eigentumsmodelle. In komplexen Eigentumslagen wie den Wohnungseigentumsgemeinschaften (WEG) in einer „historisch gewachsenen“, baulich diversen und kompakten Bebauung zeigt sich dies durchaus schwieriger (IW 2024). Dabei können im komplexen Bestand blockbezogen mehrere unterschiedliche Eigentumskonstellationen wie WEG, Wohnungsbaugesellschaften sowie öffentliche und private Gebäudeeigentümer auftreten. Darüber hinaus weisen diese Bestände nicht selten verschiedene Nutzungsarten, Mietverhältnisse und sozialökonomische Situationen auf (Weiß et al. 2018).

Mit hoher Diversität bezüglich Eigentum, Gebäudealter, -größe und -art sowie Kapital in Rücklagen beziehungsweise Investitionspotential innerhalb der Baublöcke bleibt die Umrüstungsdynamik im Bereich der Wärmewende trotz der GEG-Vorgaben bislang nur teilweise einschätzbar.

(BBSR 2022a)

17 Millionen der insgesamt 19 Millionen Wohngebäude befinden sich dabei im Einzeleigentum von Privatpersonen, weitere 1,8 Millionen im Eigentum von WEG. Eine besondere Herausforderung stellen aufgrund ihrer besonderen baulichen und technischen Komplexität, Kosten sowie des hohen Koordinierungsbedarfs wärmeerzeugungsbezogene Maßnahmen für die Wohneigentumsgemeinschaften dar (vgl. Kafke 2022; BBSR 2022a). Die Umsetzung baulicher und investiver Maßnahmen setzt unter anderem eine mehrheitliche Zustimmung der Eigentümer voraus. Empirische Studien zeigen, dass die Umsetzung von Maßnahmen im Einzeleigentum von individuellen Lebenssituationen abhängig bleibt; besonders vom Alter und Familienstand der Haushalte (BBSR 2022a; Baumagazin 2023). Das GEG bedenkt daher die individuellen Rahmenbedingungen unter anderem älterer Eigentümer:innen in Bezug auf Kreditaufnahmemöglichkeiten mit Ausnahme- und Befreiungsregelungen. Trotz bislang fehlender empirischer Evidenz lassen sich für die WEG-Einzeleigentümer ähnliche Herausforderungen in kleinteiligerer Form ableiten. Hinzu kommt, dass auf die (Groß-)Städte konzentriert WEGs einen nicht unerheblichen Anteil an Beständen in komplexen kompakten Lagen besitzen. Die Fristen der GEG-Vorschriften beginnen dort, im Vergleich zu ländlichen Gebieten, mit dem Ablauf der Bestandserhebungsfrist bereits ab Ende 2024 zu laufen (BMWK und BMWSB o. J.).

Lage- und siedlungskontextbedingte Gegebenheiten des Bestands

Der letzte Aspekt betrifft die steigende Komplexität, wenn es um System-Implementierung innerhalb eines bestehenden Siedlungskontextes geht. Es sind die lokalen Rahmenbedingungen der Umsetzung, etwa inwieweit sich im Gebäude und auf dem Grundstück notwendige Maßnahmen umsetzen lassen. Aber auch inwieweit die übergeordneten Infrastrukturen auf einen potenziellen Ressourcenaustausch vorbereitet beziehungsweise ausgerichtet sind, ist relevant. In der kommunalen Wärmeplanung wird die genannte Art der Wärmeversorgung bei Ausschluss der Alternative Wärmenetz- beziehungsweise Wasserstoffgebiete in der Kategorie Gebiete für dezentrale Versorgung eingeordnet. Somit stehen dort Maßnahmen zur lokalen Energieerzeugung im Vordergrund. Hierzu ergeben sich generell zwei Handlungsebenen, die auch ergänzend umsetzbar sind. Zur ersteren gehören quartiersbezogene Konzepte der Energieversorgung, die zumeist auf integrierten Nahwärmenetzen basieren, zur zweiteren dann Maßnahmen am Gebäude selbst. Gebäudeübergreifende Maßnahmen ermöglichen in der Regel eine effizientere Energieproduktion als im Falle von grundstücks- oder gebäudebezogenen Lösungen (BBSR 2024). Sie können auch weitere Wärmequellen etwa aus der Wärmerückkopplung im Quartier effektiv einbinden. Kombinationen dezentraler Wärmenetzversorgung durch Wärmepumpen, kombiniert mit Photovoltaik (Luft- und Geothermie) und Abwasserwärmerückgewinnung (dena 2024). Solche Lösungen verlangen allerdings eine kommunal aktiv gestützte Konzeption und Umsetzung. Dazu voraussetzend ist die Kooperation lokaler Stadtwerke, der Kommune und der Eigentümer:innen und Nutzer:innen, welche durch Quartierswärmekonzepte abgedeckt wird. Diese Lösungen gehen daher über die privaten Grundstücke hinaus und beinhalten auch die Notwendigkeit der Einbindung öffentlicher Flächen und Infrastrukturen.

In einem innerstädtischen Gebäudeblock mit älteren Beständen und hoher Dichte ist, verstärkt durch die Hemmnisse einzelner Abstimmungen unterschiedlicher Akteur:innen, der Einsatz entsprechender Technologien ohne Störungen und hohe Investitionen in den Bestand allerdings oft nur begrenzt umsetzbar (Abbildung 1). Der Aufbau lokaler Wärmenetze wie auch individueller Versorgungslösungen im Sinne des GEG wird dadurch weiterhin deutlich erschwert beziehungsweise verzögert. Auch daher bemühen sich die Kommunen, komplexe Bestände in übergeordnete Wärmeversorgungssysteme einzubinden, mit bislang noch unterschiedlichem Erfolg: So werden in Hamburg bis 2045 bis zu 99,7 Prozent solcher Bestände durch Fernwärme versorgt, während für andere Städte wie Berlin bislang die Einschätzungen deutlich darunter liegen (Roeder 2025).

Zu den gebäudebezogenen Energieeffizienzmaßnahmen dezentraler Versorgung gehören weiterhin baulich-technische Anpassungen, unter anderem Wärmeisolierung, vor allem aber die Wärmegewinnung. Nach Stand heutiger Technik zählen hierzu wesentlich die Anwendung von Wärmepumpen sowie die Geothermie- und Solarenergiegewinnung. Diese werden ergänzt durch die Möglichkeit des dauerhaften Bezugs nachwachsender Energierohstoffe (vgl. GEG dena 2024a; Ifeu 2021).

Zusammen mit den technischen Voraussetzungen der oben genannten Strategien spielen für die Umsetzung von ressourcenorientierten Maßnahmen organisatorische und rechtliche Aspekte eine zentrale Rolle. Bei einer Trennung der Produzenten, Lieferanten, Konsumenten und gegebenenfalls Entsorger lassen sich die klassischen, linear ausgerichteten Liefer- und Leistungsketten in individuellen Konstellationen individuell und damit einfacher abwickeln, als dies bei Prosumierenden-Modellen der Fall ist (vgl. Ries et al. 2020). Hingegen verlangen die Energie- und wärmebezogenen Maßnahmen ein hohes Maß an Koordination, um sich den Zielen des GEG nähern zu können.

Eine weitere Herausforderung bleibt die ungleiche Rolle lokaler Prosumierender gegenüber den professionellen Produzenten, Lieferanten und Entsorgern. Diese liegt im Produktionsumfang, Energieschwankungen und rechtlichen Verpflichtung. Lokale Produzenten nachhaltiger Energien erzeugen als Prosumierender Unbeständigkeiten in Abgabe wie auch Abnahme von Ressourcen, welche von nur teilweise vorhersehbaren Voraussetzungen wie dem Wetter abhängen (Sonnenstunden bei der lokalen Solarenergieerzeugung, Niederschläge bei Oberflächenwasser, Bedarfe aufgrund der Jahreszeit und Wetterlage). Das hohe Maß an Komplexität zieht die Notwendigkeit zusätzlicher vertraglicher und betriebsbezogener Lösungen sowohl bei der Prosumierenden-Seite als auch bei der professionellen Erzeuger- und Lieferantenseite. Das zieht jeweils zusätzliche Kosten nach sich (vgl. Bundesnetzagentur 2020). Zudem bleiben die Prosumierenden divers und dynamisch, denn sie wechseln im Bestand mit der Zeit. Somit ändern sich laufend die Akteure und damit auch die Konsensfähigkeit und Bedarfe. Obwohl durch großzügige Fristen das GEG der besonderen Komplexität in solchen Beständen Rechnung tragen soll, stellt dies einen generellen Unsicherheitsfaktor dar (vgl. Fallstudien in BBSR 2024).

Unter diesen Rahmenbedingungen bleibt es in der Regel schwieriger, gebäudeübergreifende beziehungsweise quartiersbezogene Ressourcenlösungen des Prosumierens, Teilens oder der Kopplung umzusetzen (BBSR 2024). Das Programm KfW 423 Energetische Stadtsanierung, welches sich auf einen integrierten quartiersbezogenen Ansatz konzentrierte und die Prozessbegleitung durch einen Sanierungsmanager unterstützte, wurde 2024 eingestellt. Fortgeführt wurden die rein investiven Programme IKK 201 und IKU 202. Diese sind ausschließlich zur Förderung kommunaler und gemeinnütziger Maßnahmen bestimmt (KfW o. J.). Für eine Auswertung der Effekte ist es derzeit zu früh. Eine aktuelle Studie des BBSR (2023) zum Programm KfW 423 Energetische Stadtsanierung wertete deutschlandweit studienbasiert quartiersbezogene Projekte im Zeitraum 2018 – 2022 im Bestand aus. Tabelle 1 listet relevante Projekte für die Fragestellung auf, die sich auf komplexe Wohnbestände in Gebieten für dezentrale Versorgung beziehen, insbesondere in Groß- und Mittelstädten. Vier von 12 der Referenzprojekte entsprechen der Definition komplexer Wohnbestände in Großstädten, in den Mittelstädten war weiteres Eins von 20 passend. Ergänzt wurde jeweils der aktuelle Stand (Beginn 2025) der Maßnahmenumsetzung. Das Analyseergebnis zeigt: Konzepte für konkrete umfangreiche energetische Maßnahmen in den Quartieren mit komplexen Beständen lagen erstens nur im Zusammenhang mit laufenden Stadterneuerungskulissen vor (s. Chemnitz Brühl). Zweitens waren Umsetzungen nur unter anderen begünstigenden Voraussetzungen zu finden, wie etwa bereits vorhandene Fernwärmenetzanschlüsse zu einzelnen Gebäuden. Lagen ohne solche Voraussetzungen konnten selbst unter der Anwendung von Städtebauförderprogrammen – trotz vorliegender Wärmekonzepte – kaum bedeutende flächendeckende Umsetzungen vorweisen (vgl. BBSR 2023).

Tabelle 1: Ausgewählte relevante Fallstudien aus dem Projekt Begleitforschung KfW-Programm 423 Energetische Sanierung 2018-2023 (BBSR 2023): Heterogene Bebauung und Eigentumsstrukturen, Stand des Fortschritts eigenständig nachträglich aktualisiert zum Januar 2025. Quelle: Eigene Darstellung.

Komplexer Bestand: Ein Beispiel

Das Autor:innenteam führt am Rande des Projekts zu ressourcenbezogenen Kreisläufen in Baubeständen hoher Dichte (BBSR 2024) auch Untersuchungen zu Hemmnissen bei der Umstellung von individuellen Heizsystemen in komplexen Beständen durch. Das folgende Beispiel soll die typische Situation dieser Bestände repräsentieren (Abbildung 1):

Zwei Gebäude in gründerzeitlicher Blockrandbebauung mit drei Obergeschossen aus dem Jahr 1910 und jeweils einem Vierteljahrhundert alten Dachausbau gehören einer Wohneigentümergemeinschaft (WEG) an. Sie befinden sich innerhalb eines Baublockes mit 13 Grundstücken und 17 Gebäuden in komplexen Bau- und Eigentumsverhältnissen aus der 19.–20. Jahrhundertwende einer deutschen Großstadt. Das betrachtete Grundstück weist Wohngebäude bestehend aus 16 Einheiten mit insgesamt 14 Eigentümern in einer Wohneigentumsgemeinschaft (WEG) auf. Zehn der Wohnungen werden vermietet, sechs werden von den Eigentümern bewohnt.

Dem GEG entsprechend wurden vor dem 31.12.2024 die genutzten Heiz- und Warmwasseraufbereitungssysteme aufgenommen: Die Wärmeversorgung erfolgt in zwei Wohneinheiten über Kohleöfen, die übrigen Wohnungen werden mit gasbetriebener Etagenheizung im Alter zwischen 15 und einem Jahr beheizt. Die Warmwasseraufbereitung erfolgt zur Hälfte über den Durchlauferhitzer der Gastherme, in 6 Wohnungen steht ein Gastherme-betriebener Warmwasserspeicher. Fassaden und Dächer beider Gebäude wurden im Jahre 2005 vollständig saniert, die Dachstühle sind zu Wohnungen ausgebaut und dabei wesentlich erneuert und entsprechend isoliert worden. Die denkmalgeschützten Vorder- und Hoffassaden sind nicht thermisch isoliert, die Brandwände des Hinterhauses sind frostisoliert. Die Häuser verfügen zu 70 Prozent über ursprüngliche Holzkasten-Doppelfenster. Straßenseitige Fassade ist samt Fenstern und Dachstuhl denkmalgeschützt. Das Grundstück ist durch eine Durchfahrt im Vorderhaus mit lichter Breite und Höhe von unter drei Metern zugänglich. Der Hof zwischen dem Vorder- und Hintergebäude hat eine Breite und Tiefe von 12 Metern. Der derzeitige bauliche und technische Zustand beider Gebäude lässt über das GEG hinaus keinen Anlass für wesentliche Erneuerungs- beziehungsweise Sanierungsarbeiten in den nächsten 20 bis 30 Jahren begründen. Bislang bestanden in der WEG keine Anträge oder Ankündigungen zu Installation von Anlagen zur Produktion von Energie beziehungsweise zur Kraft-Wärme-Kopplung.

Die bestehende Wärmeproduktion wird bislang fortgesetzt, bei Bedarf wurden die einzelnen lokalen Gasanlagen erneuert. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben durch das Gebäude-Energie-Gesetz (GEG), Bundes-Klimaschutzgesetz und Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sowie das Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (WPG) wird mit den nächsten wesentlichen Erneuerungen von Dächern, Fassaden und einzelnen Heizungsanlagen die Notwendigkeit wesentlicher koordinierter baulich-technischer Maßnahmen auf die Gebäude zukommen. Die Wärmeplanung der Stadt weist in ihrem derzeitigen Konzept das Gebiet als eins mit dezentraler Versorgung aus, mit langfristiger (über 20 Jahre) Option auf Anschluss auf Fernwärme. Lokale Wärmenetzplanung seitens der Kommune besteht nicht. Somit fehlt eine wesentliche Voraussetzung für eine verlässliche Planung von Maßnahmen innerhalb des Wohnbestands. Laut GEG muss eine WEG innerhalb von fünf Jahren nach dem Austausch der ersten Etagenheizung entscheiden, ob künftig weiter individuell oder gemeinsam Wärme erzeugt werden soll. Letzteres muss innerhalb weiterer acht Jahre auch umgesetzt werden (MWK und BMWSB o. J.). Angenommen, der nächste Heizungskesseltausch stünde nach weiteren drei Jahren an, müsste in diesem Falle die Umsetzung nach 16 Jahren erfolgen. Allerdings soll nach derzeitiger Perspektive erst binnen von 20 Jahren in der Kommune über den Anschluss an das Fernwärmenetz entscheiden werden. Selbst wenn diese Entscheidung fiele, müsste diese Infrastruktur auch entsprechend ausgebaut sein, um einen Anschluss zu ermöglichen. Dies erscheint derzeit unsicher.

Somit verbleiben den Eigentümer:innen in diesem Falle aus heutiger Sicht als Lösung für die kommenden 16 Jahre folgende zwei Möglichkeiten: Erstens ist es die Umrüstung der Gasetagenheizungen auf Heizkesselanlagen, welche mindestens bis zu mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien (hier Biogas) verarbeiten können. Trotz entsprechender Investition führt der Betrieb der Gasetagenheizungen künftig zu deutlich höheren, auf die Dauer nur begrenzt hinnehmbaren, Heizkosten durch die steigende CO2-Bepreisung.

Eine weitere Lösung, welche mit der ersteren kombinierbar ist, liegt im von der BMWK empfohlenen Ausbau von lokalen Energiequellen und der Senkung des Energiebedarfs der Gebäude. Die konzeptionellen Überlegungen der Eigentümer zur Anpassung der Wärmeversorgung gehen dabei von der in Abbildung 2 dargestellten Situation aus.

Wie bereits erwähnt, empfiehlt das BMWK für die gewachsene Blockrandbebauung Kombinationen dezentraler Wärmenetzversorgung durch Wärmepumpen kombiniert mit Photovoltaik (Luft- und Geothermie) und Abwasserwärmerückgewinnung (dena 2024). Dächer beider betrachteter Gebäude eignen sich von Ausrichtung und Flächen grundsätzlich für die Solarnutzung. Allerdings sind sie für zusätzliche Last der Solaranlagen nicht ausgebaut. Entsprechender Ausbau würde im Vorderhaus lediglich auf einer zu kleinen Fläche möglich sein, und würde die Vorgaben über die Mindestgrößen der dort geltenden kommunalen Solaranlagensatzung nicht erfüllen. Entsprechende Ertüchtigung der bestehenden Dachkonstruktionen am Hinterhaus benötigte laut statischer Voruntersuchung einen gänzlichen Ersatz der Dachstuhlkonstruktion. Dieser gliche einem Abriss und Neubau der Wohneinheiten im Dachgeschoss. Auch ist eine der Brandwände am Hinterhaus und Teile einer Seite der Hinterhausfassade bezüglich des Lichteinfalls und Fläche für die Solargewinnung von Energie generell geeignet. Allerdings benötigte die Anlage eine eigene Standkonstruktion am Nachbargrundstück

An einem Vorder- und einem Hinterhaus in einem Gebäudeblock aus der Gründerzeit werden technische Zusammenhänge der Wärmegewinnung dargestellt. Die meisten der 16 Wohnungen werden einzeln vermietet, und haben eine individuelle Versorgung durch Thermen. Darüber hinaus gibt es noch Kohleöfen. Eine Umstellung auf Wärmeversorgung entsprechend des GEG würde einen Umbau der Gesamten Wärmeversorgung bedeuten. und
Abbildung 1: BeispielKomplexenBestands mit wärmebezogenen Angaben. Quelle: Eigene Darstellung.

Gemeinschaftliche Lösungen, wie die Installation einer Zentralheizungsanlage mit Kraft-Wärme-Kopplung, wird in den Gebäuden erhebliche baulich-technischen Eingriffe in das Sondereigentum hervorrufen, unter anderem durch den notwendigen Umbau aller Steigleitungen. Allerdings wäre sie, im Vergleich zu vorgenannten Maßnahmen, umsetzbar und zumutbar. Umsetzbar wären auch partielle Maßnahmen der Energieeinsparung durch teilweise Fassadenisolierung und Fenstertausch, sowie die Isolierung der Dächer und Kellerdecken. Installation von Wärmepumpen oder Geothermie ist aufgrund der beengten Hofsituation und vor allem des eingeschränkten Zugangs derzeit technisch nicht möglich. Ungelöst bleibt ferner hofseitig die Lärmentwicklung durch den Luftwärmepumpenanlagebetrieb. Die Installation lokaler Abwasserwärmerückgewinnungsanlagen ist aufgrund der geringen Größe der Einheit als Individuallösung unwirtschaftlich. Die Installation zentraler Energiespeicher (Warmwasser, Strom) in gemeinsamen Räumlichkeiten ist aufgrund ihrer historischen Beschaffenheit ohne bedeutende Baumaßnahmen nur unter hohem Aufwand umsetzbar und müsste im Rahmen eines Verbunds auf ein Nachbargrundstück oder in den öffentlichen Straßenraum verlagert werden.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass effektive Maßnahmen im untersuchten Bestand aus heutiger Sicht nur möglich sein werden, wenn entsprechende Energie-Infrastrukturen außerhalb des Bestands im Quartier aufgebaut werden. Dies führt bislang zur Fortsetzung des energetischen Status quo aufgrund unsicherer gesetzlicher Vorgaben, hoher Umbau- und Installationskosten und unabsehbarer kommunaler Investitionen in das Wärmenetz. Perspektivisch ist nur mit Maßnahmen der Gebäudedämmung zu rechnen.

Komplexe Bestände benötigen übergeordnete Lösungen

Zusammengefasst erscheint die oft angeführte zeitliche Vorgabe der Umsetzung der Wärmewende als nur indirekt relevanter Hebel. Die kommunalen Wärmeplanungen als Grundvoraussetzung sollten bis 2028 abgeschlossen sein, die zeitliche Zielvorgabe der Bundesregierung zum weitestgehend klimaneutralen Gebäudebetrieb rechnet derzeit mit dem Jahr 2044. Vielmehr stellt sich die Frage nach den tatsächlichen Verfahren dieser Umsetzung in den Beständen selbst. Bislang gehen die Szenarien davon aus, dass bei wesentlichen Erneuerungen von Dächern Solaranlagen angebracht beziehungsweise am Ende der Nutzdauer von Thermen Wärmepumpen installiert werden. Die damit verbundenen komplexen baulichen Änderungen werden dabei allerdings kaum betrachtet.

Innerhalb des Siedlungsgefüges muss die bislang separate Maßnahmenimplementierung in einzelnen Gebäuden und auf Grundstücken sowie öffentlichen Räumen überwunden werden. Für die Effizienz von Prosumierenden ist das Teilen und Koppeln von Ressourcensystemen im Bestand von hoher Relevanz, sowohl zu lokalen wie auch übergreifenden Netzen. Mit ihnen steigt aber auch die Bedeutung kommunalen Engagements und Koordination in solchen Quartieren. Es kann hingegen angenommen werden, dass lokale Maßnahmen in Bereichen mit übersichtlichen und gut koordinierten Eigentumskonstellationen (etwa größere WEGs oder Eigentum-homogenen Beständen) in Kooperation mit kommunalen Akteuren infrastrukturelle Voraussetzungen wie lokale oder kommunale Wärmenetze etablieren können. Bei komplexen Beständen sind bislang nur vereinzelte Prozesse in Eigenregie zu finden; wie die KliQ-Initiative in Berlin-Zehlendorf, welche bottom-up ein Quartiersnetz etablieren und zu betreiben plant. Wie sonst entsprechende Maßnahmen in den komplexen Baubeständen flächendeckend und ohne umfangreiche Städtebauförderkulissen umsetzbar sind, hängt von zweierlei ab: Der Entwicklung neuerer lokal einsetzbarer technischer Lösungen und von quartiersübergreifenden, kommunalen beziehungsweise Drittanbieter-basierten Versorgung.

About the author(s)

Alena Cohrs, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet für Stadtplanung und Bestandsentwicklung an der TU Berlin mit Blick auf die mischgenutzte, produktive Stadt und klimaadaptiven Stadträume.

Alena Cohrs, researcher at the Department of Urban Planning and Development at the TU Berlin, focusing on the mix-used, productive city and climate-adaptive urban spaces.


Jan Polívka, Leiter des Fachgebiets für Stadtplanung und Bestandsentwicklung an der TU Berlin, forscht zu Prozessen und Konflikten im Bereich der Stadtentwicklung im Zusammenhang mit dem Wandel der Planung im postindustriellen und digitalen Zeitalter und Klimawandel.

Jan Polívka, head of the Department of Urban Planning and Built Environment Development at TU Berlin, researches on processes and conflicts in the field of urban development in connection with the transformation in the post-industrial and digital age as well as the climate change and adjustment.

References

Bala, Christian und Schuldzinski, Wolfgang (Hg.) (2016): Prosuming und Sharing - neuer sozialer Konsum: Aspekte kollaborativer Formen von Konsumtion und Produktion. Beiträge zur Verbraucherforschung 4. Düsseldorf: Verbraucherzentrale NRW.

Baumagazin (2023): Umfrage: Sanierungsbereitschaft der Eigentümer:innen in Deutschland. https://baumagazin.de/news/umfrage-sanierungsbereitschaft-der-eigentuemer-innen-in-deutschland-5844/, Zugriff am 17.09.2024.

BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung) (Hg.) (2022): Kurzexpertise Sanierung und Sicherung von Altbauten und anderen stadtbildprägenden Gebäuden im Programm „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“. Berlin: BBSR.

BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung) und BMWSB (Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen) (Hg.) (2022a): Energetische Stadtsanierung in Praxis IV. Aktivierung von Privateigentümern. Berlin: BBSR.

BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hg.) (2023): Begleitforschung KfW-Programm 432: Energetische Stadtsanierung 2018–2022. In: BBSR-Online-Publikation 8/2023.

BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt und Raumforschung) (Hg.) (2023): Begleitforschung KfW-Programm 432: Energetische Stadtsanierung 2018–2022. In: BBSR-Online-Publikation 08/2023.

BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung) (Hg.) (2024): Potenziale von Wasserkreisläufen zur gemeinschaftlichen und effizienten Energie-und Ressourcennutzung in nutzungsgemischten Baublöcken hoher Dichte. Berlin: BBSR.

BMI (Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat) (2020): Neue Leipzig Charta: Die transformative Kraft der Städte für das Gemeinwohl. Berlin: BMI.

BMWE (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) (2014): Sanierungsbedarf im Gebäudebestand. Ein Beitrag zur Energieeffizienzstrategie Gebäude. Berlin: BMWE.

BMWE (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) (2019): Evaluierung der Kraft-Wärme-Kopplung. Analysen zur Entwicklung der Kraft-Wärme-Kopplung in einem Energiesystem mit hohem Anteil erneuerbarer Energien. Berlin: BMWE.

BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) und BMWSB (Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen) (o. J): Häufig gestellte Fragen zum Gebäudeenergiegesetz. Berlin: BMWK/BMWSB. https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/downloads/Webs/BMWSB/DE/veroeffentlichungen/bauen/faq-geg.pdf?__blob=publicationFilev=1, Zugriff am 25.10.2024.

Bundesnetzagentur (2020): Prosumer-Modell. Erläuterungen zur Präsentation. https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen/ErneuerbareEnergien/ProsumerModell_Erlaeuterungen.pdf?__blob=publicationFile&v=1, Zugriff am 17.09.2024.

BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) (2023): Beheizungsstrukturen im Wohngebäude-Neubau. https://www.bdew.de/media/documents/BauGenehm_Neubau_Beheizungsstruktur_Gebaeude_2023_dw_online_o_jaehrlich_CMi_19062024.pdf, Zugriff am 17.09.2024.

BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) (2024): Wie heizt Deutschland 2023? BDEW-Studie zum Heizungsmarkt. Berlin.

dena (Deutsche Energieagentur) (2024): Wohnungsunternehmen setzen verstärkt auf serielle Sanierungen. Dena. https://www.dena.de/infocenter/wohnungsunternehmen-setzen-auf-serielle-sanierung/, Zugriff am 18.09.2024.

dena (Deutsche Energie-Agentur) (Hg.) (2024a): Erneuerbare Energien im Quartier – Netzgebundene Versorgung. dena für BMWK, Berlin. 03/2024.

Destatis (Statistische Ämter des Bundes und der Länder) (o. J.): Wohnungen nach Heizungstyp. Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung 2011. https://www.statistikportal.de/de/haushalte-und-wohnen/wohnungen-nach-heizungstyp, Zugriff am 16.09.2024

Difu (Deutsches Institut für Urbanistik) (Hg.) (2018): Klimaschutz in Kommunen: Difu Praxisleitfaden. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. https://difu.de/publikationen/2018/klimaschutz-in-kommunen, Zugriff am 20.09.2024.

Dr. Klein (2024): Alter der Darlehensnehmer bei der Erstfinanzierung einer Immobilie in den Bundesländern 2023. https://www.drklein.de/deutsche-beim-immobilienkauf-2023-durchschnittlich-38-jahre-alt.html, Zugriff am 02.02.2025.

Empirica (Hg.) (2019): Energetische Sanierung von Ein- und Zweifamilienhäusern. Energetischer Zustand, Sanierungsfortschritte und politische Instrumente. https://www.bausparkassen.de/wp-content/uploads/2019/04/empirica_Energetische_Sanierung.pdf, Zugriff am 20.09.2024.

Ifeu (Institut für Energie- und Umweltforschung) (Hg.) (2021): Energieeffizienz als Türöffener für erneuerbare Energien im Gebäudebereich, Studie im Auftrag des Verbandes für Dämmsysteme, Putz und Mörtel e.V. Heidelberg. https://www.ifeu.de/fileadmin/uploads/Publikationen/Biomasse/Landwirtschaft/_ifeu_2021__Energieeffizienz_als_Türöffner_für_erneuerbare_Energien_im_Gebäudebereich_Endbericht.pdf, Zugriff am 13.05.2025.

IW (Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, IW Consult GmbH) (Hg.) (2024): Sanierungspotenziale von Wohnimmobilien in Deutschland, Studie für den Verband der Sparda-Banken e.V., Köln. https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Gutachten/PDF/2024/Gutachten-IW-Consult-Sanierungspotenziale-Wohnimmobilien.pdf, Zugriff am 13.05.2025.

Kafke, Eva (2022): Energetische Sanierung in der Eigentümergemeinschaft - Finanzierung und alle rechtlichen Rahmenbedingungen - Mit Fallbeispielen und Vergleichstabellen: Planen, Kalkulieren, Beschließen, Umsetzen. Berlin: Stiftung Warentest.

KfW: Informationen zu Förderprogrammen IKK und IKU. https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Öffentliche-Einrichtungen/Digitalisierung/Förderprodukte/IKK-–-Investitionskredit-Kommunen-(208)/ & https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Öffentliche-Einrichtungen/Basisförderung/IKU-Kommunale-und-Soziale-Unternehmen-(148)/ , Zugriff am 13.05.2025.

Ries, Jonathan; Reinhold, Christian; Engel, Bernd und Roos, Maria (2020): Prosumer im Netzbetrieb der Zukunft. Berlin. https://www.pvp4grid.eu/wp-content/uploads/2020/04/PVP4Grid_D4.2_DE_Final_20200309.pdf, Zugriff am 18.09.2024.

Roeder, Volker (2025): Transformation des Hamburger Stadtnetzes - der Pfad zur klimaneutralen Wärmeversorgung. D-A-CH - Kooperation Basel – Berlin – Graz – Hamburg. Vortrag am 4. Juni 2025, IBA Dock, Hamburg.

Stieß, Immanuel; Land, Victoria; Birzle-Harder, Barbara und Deffner, Jutta (2010): Handlungsmotive, -hemmnisse und Zielgruppen für eine energetische Gebäudesanierung. Ergebnisse einer standardisierten Befragung von Eigenheimsanierern. Frankfurt am Main.

Umweltbundesamt (Hg.) (2019): Innenentwicklung in städtischen Quartieren: Die Bedeutung von Umweltqualität, Gesundheit und Sozialverträglichkeit. Dessau-Roßlau. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020-01-13_hgp_innenentwicklung_umweltqualitaet_gesundheit_sozialvertraeglichkeit_final_bf.pdf, Zugriff am 13.05.2025.

Umweltbundesamt (Hg.) (2019a): Wohnen und Sanieren. Empirische Wohngebäudedaten seit 2002. Dessau-Roßlau. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-05-23_cc_22-2019_wohnenundsanieren_hintergrundbericht.pdf, Zugriff am 13.05.2025.

Umweltbundesamt (Hg.) (2020): Status quo der Kraft-Wärme-Kopplung in Deutschland. Dessau-Roßlau. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/hgp_statusquo_kraft-waermekopplung_final_bf.pdf, Zugriff am 13.05.2025.

Weiß, Julika; Bierwirth, Anja; Knoefel, Jan; März, Steven; Kaselofsky, Jan und Friege, Jonas (2018): Entscheidungskontexte bei der energetischen Sanierung. IÖW (Institut für ökologische Wirtschaftsforschung) (Hg.), Berlin. https://www.ioew.de/fileadmin/user_upload/BILDER_und_Downloaddateien/Publikationen/2018/Weiß_et_al_2018_Entscheidungskontexte_bei_der_energetischen_Sanierung.pdf, Zugriff am 13.05.2025.