Published 27.07.2022

IBA KIT

Ein roter Container als Stadtentwicklungs-Tool und Gemeinschaftsstifter

IBA KIT

A Red Container as an Urban Development Tool and Community Benefactor

Keywords: IBA Basel; Planungswissen; Freiraumkiste; Potentiale transformativer Forschung; planning knowledge; open space box; potentials of transformative research

Abstract:

In unserem Beitrag beleuchten wir die Impulse und Potentiale einer Freiraumkiste – dem sogenannten IBA KIT – als Werkzeug für Stadtentwicklungsprojekte an zwei verschiedenen Standorten in der Agglomeration Basel. Im Rahmen dieses Praxisberichts über den Einsatz der IBA KITs wollen wir folgende Fragen beantworten: Welche Impulse kann dieses Planungswerkzeug jeweils für die Stadtentwicklung haben? Inwieweit lassen sich diese Impulse für zukünftige Stadtentwicklungsprojekte generalisieren und welche Potentiale gibt es für eine transformative Forschung? Grundlage der Beantwortung dieser Fragen sind Gespräche zwischen den beiden Autorinnen sowie weitere qualitative Erhebungen mit den beteiligten Akteur:innen.

In our paper, we discuss the potential of an open space kit – the so-called IBA KIT – as a tool for urban development projects for two different locations in the Basel agglomeration. In the framework of this practical report on the use of IBA KITs, we want to answer the following questions: What impulses can this planning tool have for urban development at each location? To what extent can these impulses be generalised for future urban development projects and what potentials are there for transformative research? The answers to these questions are based on discussions between the two authors and further qualitative research about the IBA KIT.

Ein Praxisbericht zum Einsatz des IBA KIT im Rahmen der IBA Basel 2020

In unserem Beitrag verknüpfen wir eine kommunale Perspektive mit einer wissenschaftlichen Reflexion über ein Projekt im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Basel 2020. Dieser Praxisbericht ist auch ein Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen den beiden Autorinnen. Aus einer wissenschaftlichen Perspektive wurde die Mitautorin dieses Beitrags Nicole Dahms mehrfach von der Autorin Vivien Sommer zu dem Einsatz des IBA KITs interviewt. Diese Gespräche bilden ebenso wie weitere qualitative Datenerhebungen zu den IBA KITs eine Grundlage dieses Praxisberichts.

Im weitesten Sinne ist dieser Praxisbericht also selbst ein Bestandteil einer transformativen Forschung. Durch unsere gegenseitige und aufeinander bezogene (schreibende) Reflexion entsteht das Potential, über die zukünftige lokale Stadtentwicklung in der Stadt Lörrach nachzudenken. Die IBA KITs wurden aber im Rahmen eines Forschungsprojekts unter der Leitung von Martina Löw beforscht, selber aber nicht als Forschungsformat, wie es bei klassischen Reallaboren der Fall ist, eingesetzt (siehe Defila et. al. 2018) . Die wissenschaftliche Auseinandersetzung ist zunächst einmal eingebettet in ein Forschungsprojekt an der Schnittstelle von Planungssoziologie, Planungswissenschaft und Wissenssoziologie, in dem wir untersucht haben, wie neues Wissen in der Planung am Beispiel der IBA Basel entsteht. Das IBA KIT war dabei eines der Projekte, welches mittels Expert:inneninterviews, Analysen von visuellem Material und Go-Alongs mit den Projektbeteiligten beforscht wurde.

Anhand zweier Fallbeispiele, bei denen ein IBA KIT zum Einsatz kam, sollen folgende Fragestellungen beantwortet werden: Welche Impulse diese jeweils für die Stadtentwicklung gesetzt haben, inwieweit sich diese Impulse generalisieren lassen für zukünftige Stadtentwicklungsprojekte und welche Potentiale für eine transformative Forschung aufgezeigt werden können.

Für die Beantwortung dieser Fragen werden wir zunächst das IBA KIT im Kontext der Internationalen Bauausstellung in Basel vorstellen. Im Anschluss daran beschreiben wir den Einsatz des IBA KITs an zwei verschiedenen Orten. Am Ende diskutieren wir im Rahmen einer kritischen Reflexion die Potentiale des IBA KITs sowohl für Stadtentwicklungsprojekte als auch für transformative Forschungsprozesse.

IBA KITs im Kontext der IBA Basel

Was bei allen IBAs das Ziel ist, ist eine Form von Aufwertung im Sinne einer Verbesserung des Raums. Die IBA Basel war nun die erste IBA, die nicht in einem nationalen deutschen Rahmen stattgefunden hat, sondern im Dreiländereck zwischen drei Nationen: Deutschland, Frankreich, Schweiz. Ihr übergeordnetes Motto war: Grenzen überschreiten. In einem 10-jährigen Prozess verfolgten die Akteur:innen dieser IBA das Ziel, neue Lösungen für einen trinationalen Stadt- und Landschaftsraum aufzuzeigen, um die Agglomeration Basel aufzuwerten. Erreicht werden sollte dieses Ziel vor allem durch die Konstitution neuen Planungswissens, eingebettet in trinationale Kooperationen und spezifische Prozessstrukturen der IBA Basel. Eine Aufwertung sollte dann gelingen, in dem durch grenzüberschreitende Planungsprojekte – diesen IBA Projekten ein trinationaler Raum geplant und gebaut werden soll.

Das Projekt IBA KIT geht auf die Idee zurück, mit Unterstützung der Bevölkerung in der Agglomeration Basel ungenutzte Flächen zu erfassen, auszuwerten und zu verändern, um ein grenzüberschreitendes Urban-Gardening-Netzwerk mit dem Ziel zu schaffen, sowohl den Blick der Bevölkerung als auch der Verwaltungen auf die brachliegenden Flächen zu verändern. Es zeigte sich schnell, dass diese erste Idee nicht umsetzbar war und angepasst werden musste: Das Landschaftsarchitekturbüro Bryum GmbH wurde beauftragt, mit den Stadtgärtnereien der verschiedenen Gemeinden ein trinationales Konzept auszuarbeiten. Output davon war die Projektidee, mit roten Industriecontainern, den sogenannten IBA KITs, Brachflächen ein neues Leben zukommen zu lassen und das Zusammenleben zu verbessern.

Das IBA KIT ist ein partizipatives Planungsinstrument materialisiert in einem roten Container.

Die Idee war bei den vielen ungenutzten Flächen im Grenzgebiet diese Container einzusetzen und gemeinsam mit Bewohner:innen Nutzungskonzepte zu entwickeln. In der Eigenbeschreibung der IBA wird das so zusammengefasst: „Für Anwohner:innen und zukünftige Nutzer:innen sind sie eine Chance, denn durch gemeinsame Projekte auf diesen Flächen kann der soziale Zusammenhalt gestärkt werden. Bei einer Arealentwicklung bieten sie die Möglichkeit, dass eine andere Sicht auf das Areal entsteht und zukünftige Bewohner:innen und Nutzer:innen sich bei dessen Gestaltung aktiv einbringen können.“ (iba-basel.net) Darüber hinaus ging es auch darum, diese Ideen mittels der IBA KITs in diesem Grenzraum wandern zu lassen.

Eine Strategie der Vermittlung dieses Konzepts waren unterschiedliche Visualisierungen. So gab es neben klassischen Entwurfszeichnungen auch sehr viele Visualisierungen, die erklärten, was das IBA KIT kann bzw. in welchem räumlichen Umfeld es eingesetzt werden könnte. Dieser Übersetzungsprozess, der zentral im Projekt angelegt war, setzte sich an den konkreten Orten fort. Im Rahmen der lokalen räumlichen Gegebenheiten vollzog sich der Einsatz der Container jedoch auf spezifische Art und Weise, welche wir im folgenden Praxisbericht kurz ausführen.

IBA KITs im Einsatz

Nachdem mehrere Gemeinden und auch die Geschäftsstelle der IBA Basel einige IBA KITs anschafften, hat die Geschäftsstelle die IBA KITs in ihrem Besitz zum Ausleihen für IBA Mitgliedsgemeinden zur Verfügung gestellt. Davon hat die Stadt Lörrach Gebrauch gemacht.

Das IBA KIT in Lörrach

Im Rahmen der mittlerweile abgeschlossenen IBA Basel 2020 und dem Tag der Städtebauförderung 2019 sollte ein Teil der Basler Straße in Lörrach – Bestandteil des Projekts Am Zoll Lörrach / Riehen – für einen Monat temporär umgestaltet und belebt werden. Das Projekt Am Zoll Lörrach/ Riehen nimmt den Raum beidseits der Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz in den Fokus. Sein Ziel ist es, das Quartier verkehrlich, freiräumlich und städtebaulich aufzuwerten. Auf dem südlichen Abschnitt der Basler Straße, einer ehemaligen Bundesstraße, liegt das Hauptaugenmerk: Vom Straßenraum zum Lebensraum. Im Frühjahr 2019 führten die Projektpartner:innen gemeinsam mit der Geschäftsstelle der IBA Basel 2020 zum zweiten Mal den Tag der Städtebauförderung durch. In Anknüpfung an den Tag der Städtebauförderung im Jahr 2018 wurde eine Pop-up Umgestaltung umgesetzt. Damit sollte auf der Basler Straße in Lörrach freiräumliche Qualitäten und Potenziale aufgezeigt und für einen Monat in den Fokus der dort lebenden Menschen rücken. Fakultativ lässt sich dies auch im Bereich der entlang der Landesgrenze geplanten Ost-West-Querung zwischen dem Tüllinger Hügel und dem Maienbühl darstellen.

Die Bevölkerung aus den Stadtteilen Lörrach Stetten und Riehen Nord konnte während des Monats Mai 2020 an der Entwicklung des Grenzgebiets mitwirken. Dabei wurde an die Ideen und Inhalte angeknüpft, die im Vorjahr gesammelt wurden. Damals wurde eine sogenannte Schatzkarte für den fließenden Grenzraum erstellt, welche in einem hohen Detaillierungsgrad das Alltagsleben der deutschen und Schweizer Bevölkerung darstellt und beschreibt: In Anlehnung an Zitate aus Spaziergängen wurden einige Gedanken als Angebote im Raum realisiert und die gesamte Bevölkerung wurde aufgefordert, sich an mehreren Orten und zu unterschiedlichen Zeiten den neu gewonnenen Freiraum im Grenzgebiet anzueignen. Das Zusammenleben im Quartier wurde durch gemeinsame Aktivitäten belebt. Am 11. Mai, dem Tag der Städtebauförderung, wurde das Projekt von offizieller Seite gestartet – inklusive der damit einhergehenden medialen Kommunikation.

Das IBA KIT wurde an einer stadträumlich interessanten Stelle als Verengungselement des breiten Asphaltbands der Basler Straße prominent im Straßenraum platziert. Ein rund 60 Meter langer pinker Kunstrasenstreifen visualisierte entlang des neuen Treffpunkts die Möglichkeit einer großzügigen, für den Fuß- und Radverkehr zur Verfügung stehenden Fläche, auf dem bisher dem motorisierten Individualverkehr vorbehaltenen Raum. Die beschriebenen Aktivitäten wurden durch das sozialwissenschaftliche Planungs- und Entwicklungsbüro, Dr. Joëlle Zimmerli, begleitet sowie die Wahrnehmung der Bevölkerung mittels einer nicht-repräsentativen Befragung untersucht. Die Befragung der 69 Personen zeigt, dass die Akzeptanz und Einschätzung der Umgestaltung im Wesentlichen davon abhängt, wie die Befragten am häufigsten unterwegs sind: Fußgänger:innen fanden die Umgestaltung toll, Fahrradfahrer:innen ebenso mit dem Hinweis, dass sie einen gesicherten Platz erhalten. Autofahrer:innen waren hingegen skeptisch. Für Anwohner: innen hat die Gesamtwirkung eine hohe Bedeutung: Entschleunigung und Beruhigung des Verkehrs, bessere Überquerungsmöglichkeiten oder ein schöner Anblick.

Abbildung 1: Das IBA KIT an der Basler Straße. Foto: Jury Jungkov.

Für die Bürgermeisterin der Stadt Lörrach, Monika Neuhöfer-Avdić ist das Projekt Zollquartier eine wunderbare Zukunftsaufgabe: „Damit meine ich eine Aufgabe, die überall in Zukunft anstehen wird, nämlich: Aus der allerorts verfügbaren Ressource Verkehrsraum, Lebensraum zu schaffen.“ Die ursprüngliche Idee des Projekts IBA KITs, Brachflächen zu beleben, wurde mit dem Einsatz des KITs in einem überdimensionierten und daher auch unternutzten Straßenraum weitergeführt.

Das IBA KIT erscheint in diesem Zusammenhang als geschicktes Kommunikationstool, wenn es entsprechen bespielt wird, da bekanntermaßen Umgestaltungs- und Umwidmungsprozesse nicht reibungslos ablaufen.

Zudem hat es durch seine auffällige Farbe, Größe und Gestalt Signalcharakter, um die benötige Aufmerksamkeit auf sich und damit auf das Projekt zu lenken. Eine IBA tut gut und macht Mut sowie eine IBA ist eine Chancenmachmaschine sind die beiden meist genannten Sätze vom Monika Neuhöfer-Avdić zu ihren über zehn Jahren IBA Basel Erfahrungen. Weiterhin beschreibt sie, dass ihre Visionsentwicklung, das erste klimaneutrale Gewerbegebiet in Lörrach zu erreichen, ohne diese Erfahrung nicht möglich gewesen wäre. Von daher ist es nur stimmig, dass das IBA Kit nun auf dem Lauffenmühle Areal und im Prozess Lauffenmühle – next innovation zum Einsatz kommt.

Das IBA KIT in Saint-Louis

In der französischen Grenzstadt Saint-Louis gibt es inzwischen zwei IBA KITs. Dies verdeutlicht, dass in diesem städtischen Setting der Einsatz des IBA KITS besonders erfolgreich ist. Das IBA KIT war dort in einer Wohnsiedlung mit Menschen in unsicheren und/ oder prekären Arbeitsverhältnissen und hohem Migrationsanteil aufgestellt. Gemeinsam mit dem Bürgermeister von Saint-Louis Jean-Marie Zoellé sowie dem Planungsbüro Bryum hat Isabelle Wiedensohler, die zu dem Zeitpunkt in der Stadtgärtnerei tätig war, im Jahr 2015 das Konzept eines gemeinschaftlichen Gartenprojektes entwickelt – die Aux Jardins de Francette, welches bis heute besteht. Das IBA KIT fungiert dabei sowohl als Startpunkt für dieses Gartenprojekt, als auch als Geräteschuppen sowie Versammlungsort für gemeinsame Events.

Inzwischen ist aus dem Projekt ein Verein entstanden, in dem die Mitglieder jeweils eigene Beete, aber auch Gemeinschaftsbeete betreuen. Die Installierung und Etablierung dieses Projektes war nicht nur abhängig von der Materialisierung eines Gartenhauses durch das IBA KIT sondern auch durch eine intensive Betreuung, die sich vor allem durch gemeinsame Feste und Events manifestierte. So unterstreicht Isabelle Wiedensohler in einem Interview:

„Ja, der Garten ist 2015 gegründet worden. Und seither ist von März bis November jeden Monat was los gewesen für die Leute auf dem Platz. Das kann ein Fest sein wie etwa ein Blumenmarkt oder eine Gärtnerkunst. Aber es muss immer wieder was sein, dass die Leute wieder zusammenkommen. Und man muss für die Kinder was auch was organisieren, zum Beispiel Obstbäume setzen oder ein Wespen-Hotel bauen.“

Wie bei diesem Interviewauszug auch schon deutlich wird, war der Einsatz dieses IBA KITs geprägt von der thematischen und organisatorischen Leitung an diesem Standort. Durch die Organisation regelmäßiger Treffen wurde eine Beteiligung der Bewohner:innen aktiviert und nachhaltig installiert.

Das Thema Garten war auch zu Beginn dieses IBA-Projektes zentral, wurde lediglich auf dem beschriebenen Beispiel umgesetzt. Der zweite Standort des IBA KITs in Saint-Louis, welcher seit 2019 besteht, war dann ebenso nicht mehr als ein Gartenprojekt geplant, vielmehr steht an dem zweiten Standort die gemeinsame Freizeit in einer Wohnsiedlung im Vordergrund. Gemeinsam mit dem ersten Standort in Saint-Louis ist, dass es sich bei diesem Wohngebiet auch wieder um eine Siedlung des sozialen Wohnungsbaus handelt. An diesem Standort fungiert das IBA KIT als ein Freizeitort, an dem man gemeinsam Grillfeste feiert oder Spielenachmittage für Kinder der Siedlung veranstaltet.

Aus der Erfahrung mit den IBA KITs hat die Stadtgärtnerei Saint-Louis inzwischen das Konzept der Container adaptiert, in dem sie diesen für andere nachfolgende Projekte etwa an Schulen oder in weiteren Quartieren nutzt. Allerdings hat sie eine mobilere Version entworfen, die sie, anders als die Container, an den verschiedenen Einsatzorten flexibel aufstellen kann. Hier zeigt sich daher, dass eine gemeinsame Entwicklung des IBA KITs mit den Akteur:innen vor Ort möglicherweise zu einer anderen für den Raum angemesseneren Materialisierung geführt hätte.

Fazit: Die Impulse des IBA-KIT

Die Impulse beziehungsweise die potentiellen Impulse, die so ein Stadtentwicklungswerkzeug wie das IBA KIT haben kann, stellen wir im Folgenden noch einmal gebündelt zusammen. Unser Fazit basiert dabei auf einer Reflexion aus der Praxis auch im Hinblick auf die Potentiale, die bei den beschriebenen Fällen noch nicht vollständig ausgenutzt wurden.

Materialität: Die Materialität des IBA KITs bezogen auf die Container und auf die Farbe war für den Einsatz an den verschiedenen Orten nicht immer zwingend angemessen. Durch die spezifische Materialität des Containers war es einerseits möglich, diesen flexibel für unterschiedlichen Funktionen einzusetzen. Allerdings war die Materialität auch einschränkend im Hinblick auf die Mobilität des IBA KITs. Ursprünglich geplant als grenzüberschreitendes Werkzeug, welches im Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz umherwandern sollte, war es aufgrund seiner Größe und seines Gewichts sehr aufwendig, es an den verschiedenen Orten einzusetzen, da dafür ein Spezialtransport nötig ist. Erschwerend kommen im grenzüberschreitenden Raum durch die Nicht-Mitgliedschaft der Schweiz in der EU die Zollformalitäten hinzu.

Der Zeitpunkt der Partizipation: Die IBA KITs wurden zu einem relativ späten Zeitpunkt im Planungsprozess als partizipatives Werkzeug eingesetzt. Für die potentiellen Nutzer:innen stand das Grundkonzept, sowie das Design der Container schon fest. Wie sich bei dem IBA KIT etwa gezeigt hat, wäre ein früherer Zeitpunkt, zu dem Bewohner:innen einbezogen worden wären, wäre hilfreicher gewesen, um für den Einsatzort des IBA KITs ein für den Ort passenderes Setting zu entwickeln.

Praxisbegleitung: Bei den IBA KITs hat sich besonders verdeutlicht, dass ihr Erfolg als Stadtplanungswerkzeug vor allem dann eintritt, wenn dieses von hauptverantwortlichen Akteur:innen intensiv betreut und begleitet wird. Diese Verantwortlichkeit lässt sich sicherlich durch eine finanzierte Stelle am ehesten sicherstellen. Um das Potential der Freiraumkiste zu nutzen scheint es sich – wie beide Fallstandorte gezeigt haben – anzubieten, dieses mit einer, dem jeweiligen Konzept angepassten Veranstaltungsreihe zu verbinden.

Wissenschaftliche Begleitung: Das Wissen welches für den jeweiligen Einsatzort des IBA KITs entwickelt wurde, wurde für zeitlich nachfolgende Standorte adaptiert von den jeweiligen Projektleiter:innen. Damit dieses Werkzeug einer Freiraumkiste auch für eine transformative Forschung eingesetzt werden kann, bedarf es eigentlich einer umfassenden Analyse des Ortes, an dem diese Kiste eingesetzt werden soll sowie einer wissenschaftlichen Begleitung. In einem transformativen Setting wäre dieses Tool ein wichtiges Forschungsformat, wie dies bei dem Einsatz von Reallaboren üblich ist, um gemeinsam mit Praxispartner:innen Veränderungsprozesse zu installieren und zu reflektieren.

Eine zeitlich parallele Begleitforschung gab es im Fall der IBA-KITs jedoch nicht. Im Rahmen des DFG-Projekts Neues Wissen in der Planung wird das IBA KIT seit dem Sommer 2020 als eines von sechs Projekten beforscht. Die Forschung über dieses Projekt, setzte also erst nach dem Abschluss der IBA ein. Mit dem Fokus auf der Beantwortung der Forschungsfrage, wie neues Wissen in der Planung entsteht, wurde insbesondere beim IBA KIT im Prozess Übersetzungspunkte identifiziert. Diese Übersetzungspunkte im Sinne von Wissensschwellen lassen sich dann identifizieren und beschreiben, wenn das IBA KIT an eine weitere Akteur:innengruppe übergeben, wenn also Konzept der Freiraumkiste von lokalen Akteur:innen übernommen und adaptiert wird. Bei diesen Schwellenpunkten kann es zu Übersetzungsfehlern kommen aufgrund von Kommunikationsproblemen aber auch aufgrund von sozialräumlichen Settings. Diese Erkenntnisse wären als begleitende Forschungsergebnisse sicherlich hilfreich in der Installierung der IBA KITs gewesen. In zukünftigen Projekten wäre also eine Einbindung von Forscher:innen zu Beginn des Prozesses wünschenswert, um etwa systematischer Einsatzorte, Beteiligungspotentiale sowie Kommunikationsformen zwischen den Akteur:innen zu reflektieren.

About the author(s)

Nicole-Simone Dahms, Dipl.-Ing., Studium der Landschafts- und Freiraumplanung an der Universität Hannover und Raumplanung an der Université de Tours. Seit 2013 Mitarbeiterin im Fachbereich Stadtplanung der Stadt Lörrach.

Nicole-Simone Dahms, Dipl.-Ing., studied landscape and open space planning at the University of Hanover and spatial planning at the Université de Tours. Since 2013, employee in the urban planning department of the city of Lörrach.

Vivien Sommer, Dr., ist derzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt: Wissen in der projekt- und prozessorientierten Planung: IBA Basel als Planungslabor an der TU Berlin. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen Raumsoziologie, Wissenssoziologie, Mediensoziologie sowie qualitative Methoden der Sozialforschung.

Vivien Sommer, Dr, is currently a research assistant in the project funded by the German Research Foundation: Knowledge in Project- and Process-Oriented Planning: IBA Basel as a Planning Laborator at TU Berlin. Her research interests include sociology of space, sociology of knowledge, sociology of media and qualitative methods of social research.

References

Defila, Rico und Di Giulio, Antonietta (2018): Reallabore als Quelle für die Methodik transdisziplinären und transformativen Forschens – eine Einführung. In: Di Giulio, Antonietta und Defila, Rico (eds) Transdisziplinär und transformativ forschen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21530-9_1

Zimraum, Raum + Gesellschaft, Zürich, Bericht „Tag der Städtebauförderung, Auswertung des Living Lab, 19.9.2019.

IBA Fachpublikation, Gemeinsam Grenzen überschreiten – Au delà des limites, ensemble, 2021. https://www.iba-basel.net/de/projects/projects-index/21/iba-kit, Zugriff am 21.4.2022.