Published 2.04.2025
Editorial
Umbau(-kultur), Bau- und Raumwende sind in aller Munde. Es gibt viele Anlässe für die Hinwendung zu und Inwertsetzung von bestehenden Materialien wie auch sozialen und kulturellen Ressourcen, die wir im Gebäudebestand und in unseren Siedlungsgebieten finden. Dazu zählen die anhaltende Höhe von Ressourcenverbrauch, CO2-Freisetzung und Müllproduktion im Bauwesen, aber auch der ungebremste Flächenverbrauch in der Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung sowie die vielschichtigen Formen des strukturellen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Wandels, den wir im urbanen und ländlichen Raum beobachten können.
Um Umbau noch stärker in Gang und umzusetzen, benötigen wir eine Veränderung unserer aktuellen Kultur im Planen und Bauen sowie der Kultur, wie wir mit Räumen umgehen, wie wir Räume nutzen, denken und imaginieren. Es geht um den Umbau bestehender Städte, Orte und Quartiere und um einzelne Gebäude und Freiräume. Es geht aber auch um das Hinterfragen von liebgewonnenen Logiken von Repräsentanz, Wirtschaftlichkeit sowie Regelwerken und Standards. Im Umbauen werden diese Logiken anders definiert als im Neubau und neue Narrative formuliert.
Das Um- und Weiterbauen hat insbesondere in unserem Kulturkreis, der europäischen Stadt, eine lange Tradition. Dennoch genießen Neubauten noch immer eine höhere Aufmerksamkeit und Repräsentanz, selbst wenn sie nicht den notwendigen energetischen und klimagerechten Anforderungen entsprechen, monofunktional und wenig anpassbar sind sowie keinen Beitrag für eine integrierte Quartiersentwicklung für viele ermöglichen. Umbauprozesse zeichnen sich durch eine besonders hohe Komplexität verbunden mit diversen Formen von Unsicherheit aus. Dabei verschränken sich verschiedene Erfahrungen und Kompetenzen zunehmend: So hängen Bauen und Stadt, die Gestaltung verschiedener räumlicher Maßstäbe von Bauteil, Gebäudetypologie bis zum Quartier oder auch Handwerk und Kommunikation (wieder) viel enger miteinander zusammen. Umbauen fordert bisherige Methoden, Instrumente, Techniken, rechtliche Regelungen, Abläufe und auch Arrangements beteiligter Akteur:innen heraus.
In dieser Ausgabe von PND – rethinking planning, die sich auf zwei Hefte verteilt, beleuchten Forscher:innen, Entwickler:innen und Praktiker:innen aus unterschiedlichen Perspektiven und Disziplinen, wie und von wem das Um- und Weiterbauen angestoßen werden kann und wie es wahrgenommen wird. Die Maßstäbe im städtischen und ländlichen Kontext reichen von der Einzelfallbetrachtung von Gebäuden, Quartieren bis hin zum Strukturwandel der Innenstädte und Braunkohlereviere. Im Fokus stehen Prozesse von Planung, Umsetzung und (laufendem) Betrieb, ihre Impulse und Verläufe und ihre erkennbaren Bedingungen des Gelingens und Scheiterns. In der Summe zeigen sie auf, dass Umbauen als mehrdimensionale räumliche inter- und transdisziplinäre Aufgabe für die gesamte Gesellschaft zu verstehen ist, für Expert:innen ebenso wie für Laien und Nutzer:innen.
Das einführende Gespräch in Heft 1 verdeutlicht die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit Umbau und öffnet die Bandbreite der Themen. Es zeigt exemplarisch, wie im Dialog bestehendes und neu zu genrierendes Wissen aus verschiedenen Disziplinen auf verschiedenen Maßstabsebenen miteinander zu einer neuen Betrachtung, Bewertung und Umgang verwoben werden kann und sollte. Diese können schließlich zu einer größeren Wertschätzung von Umbauprozessen führen. Deutlich wird in beiden Heften, dass sich das Um- und Weiterbauen nicht auf den reinen Gebäudebestand beschränkt, sondern mit dem Umbau von Grün- und Verkehrsräumen (Bezug zur dreifachen Innenentwicklung) und Quartieren zusammengedacht werden müssen, ohne dass dabei (bau-)kulturelle und gesellschaftliche sowie architektonische Fragen vernachlässigt werden. Es ist zu prüfen, ob der Bestand effizienter, suffizienter und konsistenter nutzbar ist. Im Gespräch und in den Artikeln der Hefte werden folgende Aspekte diskutiert: Umbaukultur als Kommunikationsaufgabe, agil und zirkulär gedachte Planung, Spannungsfelder zwischen Permanenz, Anpassung und unterschiedlichen Logiken der Transformation sowie zwischen ortsspezifischen Lösungen und übertragbarem Wissen. Diskutiert werden auch multiperspektivische Aufgaben, unterschiedliche Methoden und Kompetenzen, die es für den Umbau benötigt und in Zukunft einen nicht unerheblichen Teil zu einer Kultur des Umbauens beitragen können.
Die aktuelle Ausgabe verteilt sich auf zwei Hefte, die sich unterschiedlichen Schwerpunkten widmen. In Heft 1 beschäftigen sich vier Artikel mit Entwicklungsimpulsen, die durch Transformation und Inwertsetzung von Einzelgebäuden ausgelöst werden können. Der Blick wird sowohl auf Quartiere in deutschen Städten als auch auf Stadtentwicklungsprozesse in Johannesburg gerichtet. Wie kann beispielsweise der Wandel der Innenstädte durch den Umbau von ehemaligen Kaufhäusern durch Kooperation angestoßen werden? Welche Verantwortung tragen dabei die Kommunen und welche Werte stecken im Bestand? Drei weitere Beiträge befassen sich mit der Frage, wie durch partizipative Planungsmethoden Gemeinwohl im Bestand von Vielen für Viele entwickelt werden kann und wie durch eine Diversifizierung von Nutzer:innen und Nutzungen öffentliche Raumressourcen besser ausgeschöpft werden können. Außerdem setzen sich Autor:innen in zwei weiteren Artikeln mit der Entwicklung von Orten in Strukturwandelregionen nach dem Kohleaustieg auseinander.
Heft 2 beleuchtet, wer Bestand entwickelt, wie durch neue Akteurskonstellationen und gemeinschaftliches Handeln Ressourcen besser genutzt werden können, wie Umbau- und Anpassungsprozesse von Menschen wahrgenommen werden und wie Sanierung anders gedacht werden kann. Weitere Artikel beschäftigen sich außerdem mit rechtlichen Rahmenbedingungen, Planungskultur und Energiewende sowie mit Bestandsentwicklung am Stadtrand aus der Umbauperspektive.
Viel Freude beim Lesen und gedanklichen Umbauen wünschen:
die Herausgeberinnen dieser Ausgabe:
Agnes Förster, Daniela Karow-Kluge, Anna Marijke Weber, Christina Jimenez Mattsson
und die pnd-Redation:
Laura Brings, Agnes Förster, Katharina Frieling, Daniela Karow-Kluge, Moritz Maikämper
Mitarbeit: Philipp Essig
Everyone is talking about conversion (culture), building and spatial change. There are many reasons for turning to and utilizing existing materials as well as social and cultural resources that we find in existing buildings and residential areas. These include the continuing level of resource consumption, CO2 release and waste production in the construction industry, but also the unchecked consumption of land in settlement and infrastructure development as well as the complex forms of structural, economic, social and cultural change observable in urban and rural areas.
In order to initiate and implement conversion more strongly, we need a change in our current planning and building culture as well as in how we deal with spaces, how we use, think and imagine them. It is about the conversion of existing cities, places and neighborhoods as well as individual buildings and open spaces. Yet it is also about questioning the cherished logics of representation, economic efficiency, rules and standards. In conversion, these logics are defined differently than in new construction and new narratives are formulated.
Conversion and rebuilding have a long tradition, especially in European city culture. Nevertheless, new buildings still enjoy a higher level of attention and representation, even-though they do not meet necessary energy and climate requirements, are monofunctional and not very adaptable and do not contribute to integrated neighborhood development. Conversion processes are characterized by a particularly high level of complexity combined with various forms of uncertainty. Diverse experiences and competencies are becoming increasingly intertwined: construction and the city, the design of various spatial scales from building components and building typology to the neighborhood, as well as craftsmanship and communication are (once again) much more closely interrelated. Conversion challenges existing methods, instruments, techniques, legal regulations, processes and arrangements of involved actors.
This edition of PND – rethinking planning is a double issues, where researchers, developers and practitioners from different perspectives and disciplines shed light on how and by whom conversion and further construction can be initiated and how it is perceived. The scales in urban and rural context range from individual case studies of buildings and neighborhoods to structural change of inner cities and lignite mining areas. Focus lies on processes of planning, implementation and (ongoing) operation, their impulses and progressions and their recognizable conditions of success and failure. Allover, the issues present conversion as a multidimensional, spatial, inter- and transdisciplinary task for society as a whole, for experts as well as for laypersons and users.
The introductory discussion in issue 1/2025 illustrates the need to engage with conversion and opens up the topics’ range. It illustrates how existing and newly generated knowledge from different disciplines can and should be interwoven in dialog at different scales to create a new way of looking at, evaluating and dealing with things. This can ultimately lead to greater appreciation of conversion processes. It becomes clear in both issues that conversion and further construction is not limited to the existing building stock, but must be considered together with the conversion of green and traffic areas (with reference to the threefold inner development) and neighborhoods, without neglecting (building) cultural and social as well as architectural questions. It must be examined whether existing buildings can be used more efficiently, sufficiently and consistently. The following aspects are discussed in the issues’ conversation and articles: Conversion culture as a communication task, agile and circular planning, areas of tension between permanence, adaptation and different logics of transformation as well as between site-specific solutions and transferable knowledge. Also discussed are multi-perspective tasks, different methods and competencies that are required and can make a significant future contribution to a culture of transformation.
Each issue deals with a different focus. In issue 1/2025, four articles deal with development impulses that can be triggered by transformation and valorization of individual buildings. The focus is on districts in German cities as well as urban development processes in Johannesburg. For example, how can the transformation of city centers be triggered by the conversion of former department stores through cooperation? What responsibility do local authorities bear in this process and what values are inherent in the existing buildings? Three further articles deal with questions of how participatory planning methods can be used to develop the common good in existing buildings by the many for the many as well as how public space resources can be better utilized by diversifying users and uses. In addition, two further articles deal with the development of places in regions undergoing structural change after the coal phase-out.
Issue 2/2025 sheds light on who develops existing buildings, how resources can be better utilized through new constellations of actors and community action, how people perceive conversion and adaptation processes and how redevelopment can be thought of differently. Other articles also deal with legal frameworks, planning culture and energy transition as well as the development of buildings on the urban fringe in terms of conversion.
We hope you enjoy reading and rebuilding your thoughts:
the editors of this issue:
Agnes Förster, Daniela Karow-Kluge, Anna Marijke Weber, Christina Jimenez Mattsson
and the editorial team:
Laura Brings, Agnes Förster, Katharina Frieling, Daniela Karow-Kluge, Moritz Maikämper
Participation: Philipp Essig