Published 2.05.2024

Beteiligungsanspruch und Wirklichkeit

Das Beispiel Hamburg Osdorfer Born und die Rolle von schwer erreichbaren Zielgruppen

Participation Aspiration and Reality

The Example of Osdorfer Born, Hamburg and the Role of the Hard-To-Reach Groups

Keywords: Beteiligung; Soziale Stadterneuerung; Benachbarte Quartiere; schwer erreichbare Zielgruppen; Hamburg; socially integrative urban regeneration; deprived neighborhoods; hard-to-reach groups

Abstract:

Aktivierung und Beteiligung werden häufig als zentrale Handlungsfelder der Sozialen Stadterneuerung bezeichnet. Trotz der seit 2014 im Hamburger Fördergebiet Osdorfer Born kontinuierlich verfolgten Ansätze, sogenannte schwer erreichbare Zielgruppen in Planungsverfahren einzubeziehen, wurde die Zielerreichung im Handlungsfeld Beteiligung von Migranten und Jugendlichen ambivalent bewertet. Es scheint daher naheliegend, den Hintergründen dafür nachzuspüren und dazu den Alltag im Quartier genauer zu analysieren. Dazu analysieren wir Evaluationsberichte und Schlüsselpersoneninterviews mit Akteuren aus dem Quartier und der Verwaltung. Wir gehen außerdem der Frage nach, ob der starke Schwerpunkt auf Aktivierung auf eine Überbetonung baulich-investiver Maßnahmen selbst in diesem Handlungsfeld hindeutet. Daher werden – basierend auf der empirischen Analyse – Überlegungen zur Weiterentwicklung von Beteiligungsverfahren im Rahmen der sozialen Stadterneuerung erörtert.

Beteiligung in der Sozialen Stadt

Beteiligungsorientierung als wesentliches Element der kollaborativen Planung bestimmt die planungstheoretische Reflexion über die Planungspraxis seit Jahrzehnten maßgeblich (Zimmermann 2019; Sinning 2018; Arnstein 1969). Versuche einer Einführung stärker direktdemokratischer Mitbestimmungselemente und der Mobilisierung von Ressourcen zur Mitgestaltung des eigenen Lebensumfelds wurden dabei immer wieder umfassend kritisch diskutiert. Eine wesentliche Facette dieser Entwicklungen stellte die Standardisierung von Beteiligungsanforderungen im Zuge der Stadterneuerung dar. In diesem Beitrag untersuchen wir Reichweite und Wirkungen von Beteiligungsverfahren im Bund-Länder-Programm Soziale Stadt (heute: Sozialer Zusammenhalt). Charakteristisch ist für diese Programme ein gegenüber der traditionellen Städtebauförderung modifizierter Fokus, der zwar weiterhin baulich-investive Maßnahmen in den Mittelpunkt stellt, aber darüber hinaus besonderes Gewicht auf die soziale Entwicklung von benachteiligten Fördergebieten legt. Hierzu unterstützt er über Ansätze wie Quartiersmanagements und Verfügungsfonds eine weitgehende Berücksichtigung von Bedürfnissen und Initiativen aus der lokalen Bevölkerung sowie sozialräumliches Verständnis städtischer Sozialpolitik.

In der Sozialen Stadt werden die Formen der Beteiligung seit 1999 von wissenschaftlichen Analysen kritisch begleitet, die von Anfang an die vergleichsweise geringe Mittelausstattung sozial ausgerichteter Stadtteilentwicklung, die vermeintliche Lösung sozialer Probleme durch vorübergehende physische Erneuerungsmaßnahmen und begrenzteWirkungen bei der Überwindung sozialräumlicher Polarisierungstendenzen beklagten (vgl. etwa Walther und Güntner 2007). Gleichwohl haben sich dort die Handlungsfelder Integration, Aktivierung und Beteiligung und Quartiersmanagement etabliert und wurden über Instrumente wie Quartiersfonds mit Mitteln zur Selbstorganisation und ihrer Unterstützung im Stadtteil abgesichert. Möglichkeiten für weitergehende Aktivierungs- und Beteiligungsmaßnahmen werden vor Ort unterschiedlich ausgestaltet. Im Rahmen von Zwischenevaluierungen zum Programm Soziale Stadt (IfS 2004; BBSR und BMUB 2017) wurde deutlich, dass traditionelle Handlungsfelder der Stadterneuerung wie Wohnen und öffentlicher Raum nach wie vor dominieren. Neben vielfältigen weiteren Maßnahmen legt die Soziale Stadt allerdings vor dem Hintergrund von Theorien sozialräumlicher Benachteiligung einen Schwerpunkt auf soziale und ethnische Integration (Häußermann und Walther 2018; Hillmann 2018). Die Programmevaluationen bestätigen, dass die Förderung häufig wirklich soziale Netzwerke und Initiativen gestärkt hat (BBSR und BMUB 2017).

Tatsächlich konnte das Programm mithilfe von Quartiersmanagement zur Aktivierung und zur Förderung kleiner bewohnergetragener Projekte mithilfe von Quartiersfonds beitragen. Rund 95 Prozent aller Quartiersmanagements stärken und beteiligen die lokale Bevölkerung aktiv, informieren öffentlich über die Sanierungsbemühungen und fungieren als zentrale Anlaufstelle für die Bewohner:innen und koordinieren die Maßnahmen im Quartier (Difu 2015; BBSR und BMUB 2017:55). Sie sind zu einem Meilenstein des Programms geworden, der von allen Evaluierungen anerkannt wird (BBSR und BMUB 2017). Wichtig für Beteiligung war häufig auch die Katalysatorfunktion der geschaffenen oder neu hergerichteten sozialen Infrastruktur. Sie konnte jedoch das Selektivitätsproblem der Partizipation in der Stadtplanung nicht gänzlich ausgleichen: Menschen, die über Ressourcen wie Sozialkapital und Zeit verfügen, sind in der Regel nicht nur in der allgemeinen Planungsbeteiligung, sondern auch im Kontext des Programms Soziale Stadt überrepräsentiert (Selle 2013; BBSR und BMUB 2017). Angesichts anhaltender Migration und der unterdurchschnittlichen gesellschaftspolitischen Beteiligung von Migrant:innen bleibt das Thema von deren Beteiligung im Rahmen der ethnischen Integration weiterhin aktuell (vgl. Hans et al. 2019; Roth 2017).

Einerseits lässt sich insgesamt sagen, dass in der Sozialen Stadt städtische Probleme mit einem stärkeren sozialen Fokus auf vielfältige Weise angegangen werden (BBSR und BMUB 2017:109ff). Andererseits werden trotz der starken Orientierung des betreffenden Förderprogramms auf die sozialen Verhältnisse in benachteiligten Quartieren die Gesamtmaßnahmen sehr unterschiedlich durchgeführt (BBSR und BMUB 2017; IfS 2004). Aktivierung und Beteiligung wurden zwar häufig als zentrale Handlungsfelder im ehemaligen Bundesprogramm Soziale Stadt bezeichnet. Dennoch scheint eine intensive Beteiligung gerade von Bevölkerungsgruppen mit geringer Sozialkapitalausstattung keineswegs garantiert. Inwiefern die dabei geschaffenen physischen (Nachbarschaftszentren, Sportanlagen und dergleichen) und sozialen Strukturen langfristig zu einer erhöhten Beteiligung beitragen, ist nicht umfassend nachgewiesen. Es bleibt genauer zu analysieren, inwieweit Beteiligung gegenüber traditionellen Stadterneuerungsmaßnahmen intensiviert wird und welche Wirkungen dies hat. Dies soll im Folgenden am Beispiel des Hamburger Stadtteils Osdorfer Born genauer betrachtet werden.

Trotz der seit 2014 in diesem Fördergebiet – bei einem Migrantenanteil von 64,1 Prozent an der gesamten Quartiersbevölkerung und 80,1 Prozent bei Kindern und Jugendlichen – kontinuierlich verfolgten Ansätze (Daten von 2020), sogenannte schwieriger erreichbare Zielgruppen in Planungsverfahren einzubeziehen, hat der Bericht zum ISEK im Jahr 2021 die Zielerreichung im Handlungsfeld "Beteiligung von Migranten und Jugendlichen" nur als „teilweise erreicht“ bewertet (Bezirksamt und Lawaetz-Stiftung 2021: 35). Auffälligerweise wurden im Fördergebiet zwischen 2017 und 2022 rund 75 Prozent der Mittel im Handlungsfeld für Aktivierung (Techniken und bauliche Maßnahmen zur Kommunikationsverbesserung), aber nur etwa 25 Prozent für Beteiligung (methodisch geplante Verfahren und konkrete Zielvorstellungen) verausgabt. Derartige Zahlen sind schwer zu interpretieren. Dennoch deuten die Werte auf eine Überbetonung baulich-investiver Maßnahmen hin. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir alltägliche Herausforderungen und Grenzen der Beteiligung im Quartier am Beispiel von Migrant:innen und Jugendlichen.

Wir stützen uns mit den Einschätzungen, dass Jugendliche und Migrant:innen schwer-erreichbare-Zielgruppen sind, im Wesentlichen auf die Aussagen der Akteure vor Ort, trotzdem kritisiert dieser Beitrag zugleich die Pauschalisierung, dass alle Jugendlichen und Migrant:innen als Stereotypen von schwer erreichbaren Zielgruppen adressiert werden.

Obwohl auf der einen Seite die Beteiligung von Jugendlichen und Migrant:innen in vielen westlichen Ländern als wichtiges Element der Entscheidungsprozesse anerkannt wurde (Bečevic und Dahlstedt 2022), besteht unter Wissenschaftler:innen Einigkeit darüber, dass Beteiligung tendenziell zu systematischen Ausgrenzungen führt (Agger 2012). Studien kritisieren den Begriff schwer erreichbare Zielgruppen als Instrument staatlicher Kontrolle im Umgang mit benachteiligten Bevölkerungsgruppen im Kontext der Stadterneuerung, beispielsweise Matthews und Netto (2012) mit dem Argument „Hard-to-reach or Easy-to-Ignore?“ und Symons (2018) mit dem Argument „we‘re not hard-to-reach, they are!“. Darüber hinaus argumentieren einige Studien, beispielsweise Nienhuis et al. (2011), dass der Wunsch und die Bereitschaft der Bewohner:innen, an Partizipationsveranstaltungen teilzunehmen, nicht nur mit ihrem Alter, ihrer wirtschaftlichen Situation, ihrer Zeitkapazität und ihrem ethnischen Hintergrund zusammenhängen. Lebensstil und Zugehörigkeitsgefühl können ausschlaggebend sein. Um zu belegen, wie problematisch eine Zuschreibung bestimmter Gruppen als schwer erreichbar ist, werden Analysen der Partizipationsaktivitäten im Osdorfer Born, wo eine Mehrheit von jugendlichen und migrantischen Bevölkerung lebt, durchgeführt. Wir fragen, ob die Tatsache, ein Jugendlicher oder ein:e Migrant:in zu sein, dazu führt, dass Personen als schwer zu erreichen angesehen und auf diese Weise vielleicht sogar indirekt stigmatisiert oder ausgegrenzt werden.

Hierfür wurden Dokumente zum Programm Soziale Stadt sowie zu seiner Umsetzung im Stadtteil herangezogen. Darüber hinaus wurden im Sommer 2023 Interviews mit acht Schlüsselpersonen aus der Bewohnerschaft, der Bewohner:innengremium Borner Runde (Heise; Kramer), dem Mitarbeiter:innengremium Stadtteilkonferenz (Ambacher; Reinig), dem Bezirksamt Altona (Kriete), dem Stadtteilmanagement (Gohde-Ahrens), einer Sozialarbeiterin vor Ort sowie der ehemaligen Schulleitung und der aktuellen Lehrerschaft der Geschwister-Scholl-Stadtteilschule (KER) durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in den Kontext der kritischen deutschsprachigen Literatur zu Beteiligungsverfahren auf der Quartiersebene eingebettet. Die verwendeten Zitate sind stark gekürzte Auszüge für diesen Beitrag wesentlicher Inhalte der Gespräche.

Soziale Stadt(teil)erneuerung im Osdorfer Born

Der Osdorfer Born im Hamburger Bezirk Altona wurde 1967 als erste Großwohnsiedlung der Nachkriegszeit in der Stadt begonnen (Osdorfer Born 2023; Lawaetz-Stiftung 2023, Abbildung 1). Seit 1989 ist der Stadtteil Fördergebiet in verschiedenen Bundes- und Landesprogrammen (vgl. Lawaetz-Stiftung 2023; Bezirksamt Altona 2023, Abbildung 2). Seit 2002 wurde er als benachteiligter Stadtteil in die Soziale Stadt aufgenommen (Bezirksamt Altona und Lawaetz-Stiftung 2021; Bezirksamt Altona 2023; Lawaetz-Stiftung 2023). Der Stadtteil hat rund 12.500 Einwohner, von denen 22 Prozent unter 18-Jährige und 20,8 Prozent über 64-Jährige mit Migrationshintergrund sind. Er leidet weiterhin unter verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen. So sind 12,8 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung arbeitssuchend (Lawaetz-Stiftung 2023). Schwerpunkte der Förderung waren eine Verbesserung der Wohnsituation im Stadtteil (20 Prozent der gesamten Wohneinheiten sind Sozialwohnungen) und eine Stärkung der sozialen Infrastruktur. Dennoch wird im Bezirk eine Verlängerung der Förderung über 2025 hinaus mindestens für einen Teil des Stadtteils diskutiert.

Karte der Bezirke und Stadtteile Hamburgs mit dem Stadtteil Osdorfer Born farblich markiert. Der Stadtteil ist am westlichen Stadtrand im Bezirk Altona.
Abbildung 1: Lage des Stadtteils Osdorfer Born in Hamburg. Hamburg (Grau), Bezirk Altona (Hellrot) und Osdorfer Born (Dunkelrot). Quelle: TUBS (modifiziert vom Original), Wikimedia Commons.

Die aktive Stadtteilgesellschaft versucht seit Jahrzehnten die sozialen Herausforderungen zu bearbeiten. Im Jahr 2000 wurde die Borner Runde als Bürgerbeteiligungsgremium auf ehrenamtlicher Basis gegründet (Osdorfer Born 2023). Im Jahr 2013 haben Diskussionen der Runde mit dem Bezirksamt und der Schulbaubehörde zur Umnutzung einer ehemaligen Grundschule als Bürgerhaus geführt, wo heutzutage mehrere soziale Einrichtungen wie etwa die Volkshochschule sitzen (Lawaetz-Stiftung 2023; Heise 2023; Kramer 2023). Mit öffentlicher Förderung wurden weitere soziale Einrichtungen geschaffen und Maßnahmen in den Handlungsfeldern ‚Bildung, Ausbildung, Qualifizierung und Wohnumfeld/ Öffentlicher Raum umgesetzt.

Außer der Borner Runde kooperiert das Stadtteilmanagement mit der Stadtteilkonferenz – einem Gremium der Stadtteilmitarbeiter:innen, um Bewohner:innen für Beteiligungsverfahren besser zu erreichen. Mithilfe eines Verfügungsfonds konnten kurzfristige Maßnahmen umgesetzt und Initiativen im Stadtteil gegründet werden (Gohde-Ahrens 2023; Kramer 2023). Weiterhin können die Bewohner:innen Ideen in Bürgerräte einbringen (Bürgerrat 2023), deren Empfehlungen der Bürgerräte als auch der Bürgerbeteiligungsgremien auf der Stadtteilebene an die oberen Politikebenen weitergegeben werden, die Empfehlungen haben allerdings lediglich beratenden Charakter (Kriete 2023; Gohde-Ahrens 2023). Einige gesellschaftliche Gruppen bleiben durch Beteiligungsverfahren schwer erreichbar, was den Stellenwert von Beteiligungsergebnissen zusätzlich relativiert.

Abbildung 2: Lage und Abgrenzung des Fördergebiets Osdorfer Born/ Lurup. Quelle: Bezirksamt Altona und Lawaetz-Stiftung 2021.

Beteiligungshindernisse im Stadtteil

Dies gilt insbesondere für die Beteiligung von Jugendlichen und Migrant:innen. Hierzu zählen nach Einschätzung der Akteure vor Ort insbesondere:

Individuelle Restriktionen. Der mit umfangreichen Abstimmungsprozessen verbundene Zeitaufwand von Beteiligungsmaßnahmen stellt eine Hürde für Bevölkerungsgruppen mit begrenzten zeitlichen Ressourcen dar. Diesbezüglich werden auch berufstätige deutsche junge Familien und Alleinerziehende als schwer erreichbar angesehen (Gohde-Ahrens 2023; Kriete 2023; KER 2023; Heise 2023). Trotzdem müssen Migrant:innen mit eingeschränkten Sprachkenntnissen und kulturellen Unterschieden größere Hürden überwinden (Gohde-Ahrens 2023; Sozialarbeiterin vor Ort 2023). Teilweise verschärft sich dies durch ihr geringes Ausbildungsniveau zusätzlich (Sozialarbeiterin vor Ort 2023). Senior:innen mit Migrationshintergrund sind offenbar noch schwieriger zu erreichen (Gohde-Ahrens 2023). Für Jugendliche stellen potentielle Interessenkonflikte eine Herausforderung dar:

„Jugendliche haben keine eigene Motivation, daran teilzunehmen. Wenn es um eine Aktion [geht], wo ich selber aktiv bin, z. B. einen QR-Code bei einer Haltestelle zu scannen und ein Statement zum Stadtteil abzugeben, werden Jugendliche das seltener als andere Gruppen machen. Wenn sie es in der Schule machen oder über eine Institution, ist das keine eigene Motivation, sondern sie sind in einem Kontext, wo sie sich schon ermutigt wurden, daran teilzunehmen.“

KER 2023

Eine weitere Herausforderung stellt die wirtschaftliche Lage dar:

„Ein großer Anteil der Bevölkerung – insbesondere Migranten – im Osdorfer Born haben zum Teil 2 oder 3 Jobs. Andere müssen immer zum Amt laufen und zusätzliche soziale Hilfen beantragen. Hier wohnen ganz viele Geflüchtete als Migranten, die vor 2015 aus Afrika gekommen sind.“

Heise 2023

Viele Jugendliche sind durch Schule und Alltagsleben überlastet, da ein großer Teil arbeitet, um zur Miete beizutragen. Andere sind durch die Betreuung kleiner Geschwister gebunden:

„Da fehlen die Ressourcen auf der einen Seite, und auf der anderen Seite ist es kein Teil ihrer Lebenswirklichkeit, dass man politisch mit aktiv ist und mitgestalten kann.“

KER 2023

Die Betroffenen werden offenbar also erst aktiv, wenn sie unter großem Druck stehen.

Fehlende Repräsentation. Jugendliche und Migrant:innen sind keine Träger der Beteiligung. Normalerweise werden sie von der Stadt, Behörden oder Geschäftsleuten aufgesucht und gebeten, an Beteiligungsaktivitäten teilzunehmen (KER 2023). Sie sind nicht in offiziellen Beteiligungsstrukturen repräsentiert (Ambacher 2023; KER 2023). Eine ehemalige Sprecherin stellte fest, dass „die Borner Runde […] nicht die kulturelle Vielfalt der Bewohnerinnen [repräsentiert]“. (Heise 2023) Die Vorbereitungsgruppe Borner Runde besteht im Wesentlichen aus alteingesessenen, ethnisch vor Ort als deutsch verstandenen älteren Menschen, die zumeist seit Jahrzehnten im Osdorfer Born wohnen (Heise 2023; KER 2023).

Ineffizienz klassischer und digitaler Ansprache. Instrumente wie Plakate, Flyer, soziale Medien, Webseiten, Online-Diskussionsrunden oder Einladungen per Post zu Bürgerhausveranstaltungen erreichen schwer erreichbare Gruppen offenbar kaum (Sozialarbeiterin vor Ort 2023; Gohde-Ahrens 2023; Kriete 2023; Ambacher 2023):

„Es gab unter Corona verschiedene Maßnahmen, wo es auch online …, da gab es einen QR-Code. Das finde ich für so ein Verfahren unglückglich. Es sollte auf jeden Fall Begegnung sein und Gespräch usw. Sonst sind die Hürden zu groß für die Leute.“

Sozialarbeiterin vor Ort 2023

In den letzten Jahren wurden Ankündigungen auch über Mund-zu-Mund-Kommunikation verbreitet. Überdies sollte die Motivation zum Mitmachen über eine stärkere Realisierungswahrscheinlichkeit von Beteiligungsergebnissen sichergestellt werden (Sozialarbeiterin vor Ort 2023; Kriete 2023; Gohde-Ahrens 2023). Beispielsweise hat das Stadtteilmanagement ein mobiles Stadtteilmodell an belebten Orten wie vor einer Kirche und an einem belebten Platz eingesetzt, und Bewohner:innen konnten erzählen, was ihnen im Stadtteil fehlt und was verbessert werden könnte (Gohde-Ahrens 2023). Die Borner Runde hat ihre Veranstaltungsorte gewechselt, um neue Personen zu gewinnen (Heise 2023). Kulturelle Veranstaltungen wie beispielsweise ein internationales Frühstück in der Passage des lokalen Einkaufszentrums (Born Center) wurden genutzt, um Vertrauen zu gewinnen, Kontakte aufzubauen und so für Beteiligungsaktivitäten zu werben (Gohde-Ahrens 2023). Bei diesen Veranstaltungen wird normalerweise eine positive Atmosphäre (z. B. Kinderbetreuung, einfache Sprache und Verpflegung) gewährleistet (KER 2023; Sozialarbeiterin vor Ort 2023). Trotzdem hat dieses Instrument seine Grenzen:

„Schlüsselpersonen helfen auch, aber man erreicht nur einen Teil. Wir haben Kontakt zu 60-70 Leuten, was aber ein kleiner Ausschnitt ist. Wenn man es in größerem Umfang machen will, wird das nicht ausreichen.“

Sozialarbeiterin vor Ort 2023

Eingeschränkte Erreichbarkeit durch soziale Einrichtungen. Durch Institutionen wie Kindergärten (Reinig 2023), Elternschule, Kinderzentrum und Kinder- und Familienhilfezentrum (Heise 2023; Sozialarbeiterin vor Ort 2023), Schulen, Sportvereine oder Jugendhilfeeinrichtungen wie das Haus der Jugend oder das Bürgerhaus (Gohde-Ahrens 2023; Sozialarbeiterin vor Ort 2023; KER 2023) werden die meisten Jugendlichen und Migrant:innen im Osdorfer Born durch Mitarbeiter:innen erreicht (Ambacher 2023). Die Zielgruppen nutzen diese Einrichtungen regelmäßig und sind normalerweise zu festen Zeiten vor Ort anwesend. Damit werden potentielle Nutzer:innen einer Baumaßnahme eher erreicht als durch konventionelle Beteiligungsinstrumente.

„Das hat funktioniert, wenn Expert:innen in die Schule gekommen sind und mit den Klassen die Umfrage gemacht haben. Es funktioniert nicht, wenn die Plakate ausgehangen sind, zum Beispiel zur Umfrage für eine Spielplatzgestaltung, da sind die Jugendlichen kaum gekommen. Ich würde sagen, wenn die Jugendlichen nicht an die Hand genommen werden und dies quasi über eine Institution bzw. die Schule stattfindet, ist die Beteiligung von Jugendlichen sehr gering.“

KER 2023

Allerdings werden immer ähnliche Teilnehmende erreicht:

„Das macht immer eine ganz kleine Gruppe von Lehrer:innen. Ich sitze in der Stadtteilkonferenz und auch in der Borner Runde, also ich bin diejenige, die die Anfragen weitergibt, und das gebe ich an eine ganz kleine Handvoll von Kolleginnen, von denen ich weiß, die machen da mit. Für die meisten gehört das nicht zum Unterricht.“

KER 2023

Fehlende menschliche, fachliche und finanzielle Ressourcen. Aktivierung und Beteiligung begleiten Baumaßnahmen, selbst wenn sie zu anderen Haupthandlungsfeldern des Programmes gehören. Daher fallen Planungskosten für Beteiligung an (Gohde-Ahrens 2023; Kriete 2023), selbst wenn kein Budget dafür ausgewiesen ist. Insofern sind die Mittel für Aktivierung und Beteiligung nicht unbedingt mit Tätigkeiten zur direkten Einbeziehung von Teilnehmenden (Straßensozialarbeitsmaßnahmen, Diskussionsrunden usw.) verbunden. Im Handlungsfeld Aktivierung und Beteiligung wurde beispielweise das Vordach des Bürgerhauses ausgebaut. Hier ist das Argument, dass ohne das Bürgerhaus Bewohner:innen nicht zu beteiligungsbezogenen Veranstaltungen kommen würden. Beteiligung und Aktivierung als soziale Aufgabe erfordern Ressourcen, die nicht automatisch zur Verfügung stehen (Reinig 2023).

Fehlendes Wissen über Möglichkeiten und Grenzen der Beteiligung. Selbst wenn Jugendliche und Migranten erreicht werden, verbleiben weitere Beteiligungsherausforderungen. So fehlen Grundinformationen zu Beteiligungsmöglichkeiten sowie zum Beteiligungsverfahren (Rahmenbedingungen, finanzielle Grenzen und Vorgaben der Behörden) bei den Zielgruppen (Reinig 2023; Sozialarbeiterin vor Ort 2023; KER 2023; Kriete 2023), wie dies nachfolgend am Beispiel von Schüler:innen formuliert wird:

„Für die meisten Schüler:innen ist aber so politische Teilhabe oder Mitwirkung als Themenfeld unbekannt. Da muss man sehr mitnehmen und erklären, dass sie die Chance jetzt konkret haben, diesen Spielplatz zu gestalten. Das ist einfach wenig in ihrer Lebenswelt durch Vorbilder, die sich einsetzen.“

KER 2023

Dies kann Frustration verursachen, und es besteht dann nur eine geringe Motivation, an weiteren Beteiligungsmöglichkeiten teilzunehmen:

„Das Problem ist, dass es, um Ergebnisse zu sehen, kann das jahrelang dauern. Wenn Jugendliche keine Jugendliche mehr sind.“

Gohde-Ahrens 2023

Diese Frustration kann sich verschärfen, wenn Beteiligung keinen Einfluss ausüben kann, wie etwa im Verkehrsbereich, wo sich die Bewohner:innen seit Jahrzehnten eine S-Bahnlinie in die Innenstadt wünschen, weil es dorthin mit dem Bus etwa 40 Minuten dauert. Verkehr ist ein großes Thema im Osdorfer Born (Ambacher 2023; Heise 2023), aber die Akteure sind skeptisch, ob Fördermaßnahmen die Situation verbessern können:

„Ich – als Quartierentwickler – könnte keine Maßnahme dafür initiieren oder fördern, wenn es um Tiefbau bzw. eine neue S-Bahn-Linie geht. Wir können was in Richtung Parkplätze, Shared-Space-Flächen, Aufladestationen für Fahrrad oder Tempo-30-Zonen versuchen. Das Thema Verkehr ist außer der Reichweite des Programms. Das Thema ist für das Programm nicht geeignet.“

Gohde-Ahrens 2023

Trotzdem führen Beteiligungsverfahren zur Verbesserung der Verkehrssituation. Nach breiten Demos hat die Borner Runde den Verkehrsverbund mit Hilfe des Bezirks zu einer Veranstaltung eingeladen, um hier Lösungen zu finden:

„Es gab keine Alternative, außer eine neue Buslinie mit schneller Taktung, nämlich den X3, da die S-Bahn auf 2040 geschoben wurde.“

Heise 2023; Lawaetz-Stiftung 2023

Außerdem werden Verkehrsinitiativen wie die Moja-Ride-Sharing-Initiative der Stadt zur ergänzenden Versorgung mit öffentlichen Verkehrsangeboten auf den Osdorfer Born ausgedehnt (Ambacher 2023).

Fehlender Rahmen für die Bewertung der Qualität von Beteiligungsaktivitäten. Unter Beteiligung werden in der Sozialen Stadt keine bestimmten Formen verstanden. Sie gilt mit einer Info-Veranstaltung bereits als stattgefunden. Das Stadtteilmanagement mobilisiert relevante Akteure für jede Maßnahme (Gohde-Ahrens 2023; Kriete 2023; Ambacher 2023). Klare Richtlinien zu hierfür relevanten Gruppenzusammensetzungen fehlen. Daher ist die Teilnahme bei relevanten Maßnahmen nicht systematisch garantiert:

„Während der Pandemie haben wir einige Beteiligungsformate durchgeführt, da könnte man sagen, dass das ausreichend, aber nicht befriedigend gewesen ist. Viele ältere Menschen konnten nicht daran teilnehmen.“

Kriete 2023

Ob konkrete Ergebnisse erreicht wurden und ob diese realisierbar sind, bleibt ebenfalls offen.

Positives Beispiel für Beteiligung im Osdorfer Born

Der Osdorfer Born bietet auch positive Beteiligungserfahrungen. Das prominenteste Beispiel stellt das Bauprojekt der Geschwister-Scholl-Stadtteilschule dar. Als untypischer Ausnahmefall (Gohde-Ahrens 2023; KER 2023; Reinig 2023) steht es für die Beteiligungspotentiale schwer erreichbarer Gruppen und ist ein Beispiel für den Kampf um Mitbestimmung und Einfluss auf Entscheidungsprozesse.

Das in Vorbereitung der Schulrenovierung durchgeführte Gutachterverfahren empfahl aus Wirtschaftlichkeitsgründen deren Abriss und Neubau. Die Schulleitung hat mithilfe der Stadtteilkonferenz Finanzierungsmöglichkeiten erkundet und mit der Lehrerschaft, der Borner Runde sowie Eltern und Schüler:innen Alternativen diskutiert. Hieraus resultierte ein gemeinsamer positiv beschiedener Antrag bei der Montag-Stiftung, die die sogenannte Phase Null als kooperative Planungsphase von Schuleinrichtungen unterstützt (KER 2023; Reinig 2023; Gohde-Ahrens 2023) und über einen Beitrag von 500.000 Euro hinaus (GSST 2023) auch Fachkenntnisse einbrachte. Architekt:innen und Pädagogikexpert:innen der Stiftung haben dabei von Anfang an teilgenommen. Neben der Lehrerschaft und den Schüler:innen, die sich mit der Motivation das ist meine Schule (KER 2023) intensiv engagierten, hat die Planungsgruppe Architekt:innen und die Schulbaubehörde sowie weitere Vertreter:innen örtlicher Sozialeinrichtungen einbezogen und die pädagogische Grundhaltung sowie eine kooperative räumliche Gestaltung für ein Jahr diskutiert (Reinig 2023).

„Es gab harte Kämpfe um die Flächen. Wir hatten immer wieder Diskussionen – so wäre die Pädagogik besser und so sehen die Vorgaben von Schulbaubehörde Hamburg aus. … Es ist wirklich so, dass viele viele viele Teile von dem, was
gewünscht war, umgesetzt wurden. Wir sind keine typische Stadtteilschule. Das ist ein Schulbau, der in Hamburg einzigartig ist“

KER 2023

Die empirische Analyse brachte die folgenden Erfolgsfaktoren des Verfahrens an den Tag:

  • Die Beteiligung begann bereits bei der Planung und nicht erst nach dem Entwurf. Ohne die Kooperation mit der Stiftung sowie Aktivierung und Einbeziehung von potentiellen Akteuren hätte es nur eine Info-Veranstaltung oder eine Feedbackrunde zu einem konventionellen Schulentwurf gegeben. Während der Phase Null konnte dieser umfassend nutzerorientiert weiterentwickelt werden (Reinig 2023).
  • Die Schulbaubehörde hat so auch Planungskosten gespart, und daher wurde ihre Kompromissbereitschaft erhöht.
  • Die Ergebnisse wurden mithilfe der Stiftung als pragmatische Grundlage für die Umsetzung gesichert und wissenschaftlich dokumentiert (Kriete 2023).

Möglichkeiten zur Verbesserung der Bürgerbeteiligung

Trotz aller Grenzen wurde die Beteiligung von Jugendlichen und Migrant:innen im Osdorfer Born 2021 als teilweise erreichtes Ziel bewertet. Daher werden im Folgenden Übelegungen zur Weiterentwicklung von Bürgerbeteiligungsverfahren im Allgemeinen und spezifisch von Jugendlichen und Migranten erörtert. Ein Einsatz für Beteiligung kann sich lohnen, um Einfluss auf die Entscheidungsprozesse zu gewinnen. Das Beispiel der Geschwister-Scholl-Schule zeigt, dass …

  • Bürgerbeteiligung von den Bewohner:innen selbst initiiert werden kann,
  • Einfluss auf Entscheidungsfindungsmechanismen nur erreicht werden kann, wenn Bewohner:innen Netzwerke aufbauen und verbreitern, weitere Partner:innengewinnen und zusätzliche Ressourcen (finanzielle und Know-how) mobilisieren,
  • Behörden deren Vorschläge eher akzeptieren und umsetzen, wenn sie wissenschaftlich untermauert werden, technisch und finanziell machbar sind, und nicht gegen Vorgaben verstoßen,
  • Ressourcen Dritter Win-Win-Vereinbarungen und Kompromisse unterstützen können,
  • Die Einbeziehung aller möglichen Akteure bereits in einer frühen Planungsphase die Konfliktträchtigkeit in späteren Phasen verringert.

Vor diesem Hintergrund sollten folgende Maßnahmen von Behörden, Institutionen und der Politik berücksichtigt werden:

  • Bei jeder Veranstaltung sollten Informationen zum Veranstaltungszweck (Infoveranstaltung, Sammlung von Anregungen und Empfehlungen, Mitplanung einer Maßnahme), zu technischen, zeitlichen und finanziellen Rahmenbedingungen sowie zu Machbarkeitsgrenzen klar kommuniziert werden (vgl. auch Heise 2023).
  • Ein Bewertungssystem für Projekte und Maßnahmen auf der Stadtteilebene sollte die Beteiligungsqualität sichern. Es sollte Rahmenbedingungen und Mindestanforderungen (beispielsweise Anzahl und Zusammensetzung der erreichten Adressat:innen, Umsetzung eines Prozentanteils der gemachten Vorschläge, frühzeitige Durchführung) formulieren. Nur Beteiligungsanstrengungen, die diese Mindeststandards erreichen, sollten als Beteiligungsziel erreicht evaluiert werden.
  • Zur Sicherstellung der Beteiligungsqualität sollten Personalkapazitäten bereitgestellt werden. Idealerweise sollten Bewohner:innen einbezogen werden. Enge und dauerhafte Kontakte zu den vielfältigen Bewohner:innengruppen und ein Zugang zu schwer erreichbaren Gruppen stehen ebenso im Mittelpunkt wie die Förderung von Identität und Zugehörigkeitsgefühl.
  • Weitere Anstrengungen sind erforderlich, um bestimmte Zielgruppen stärker zu aktivieren und deren Zugehörigkeitsgefühl zu erhöhen. Jugendliche und Migranten sollten besser über ihre Mitwirkungsmöglichkeiten informiert werden. Auch für ihre Mitwirkung sollten Zeitressourcen etwa im Schulunterricht vorgesehen werden.
  • Die Borner Runde repräsentiert die Vielfalt der lokalen Gesellschaft nicht ausreichend, und neue Mitglieder:innen können nur schwer gewonnen werden. Daher könnten Beiräte für Jugendliche und Migranten eingerichtet werden. Sie sollten auch die Entscheidungsmacht über einen Teil des Verfügungsfonds haben. Nach Ablauf des Förderprogrammes sollten das Stadtteilmanagement und Bewohner:innengremien aus dem lokalen Haushalt weiter finanziell unterstützt werden (vgl. Kriete 2023; Ghode-Ahrens 2023).

Die Analysen kommen zu dem Schluss, dass die Entscheidung, sich zu beteiligen oder nicht, sowie der Grad der Effizienz und die Fähigkeit, durch die Beteiligung Veränderungen vor Ort zu bewirken, nicht per se mit dem Alter oder dem kulturellen Hintergrund der Teilnehmenden zusammenhängen.

Diese zwar wichtigen Faktoren sind nicht entscheidend, sondern auch die Art und Weise, wie sich Teilnehmende beteiligen, ihre Motivation und ihr Zugehörigkeitsgefühl und schließlich die Umstände, unter denen sie sich beteiligen, sowie die Governance-Dynamik, die ihre Beziehungen zu anderen Akteuren, insbesondere staatlichen Behörden. Diese Erkenntnis erscheint uns besonders bedeutsam für eine differenzierte Analyse von Beteiligungsmotivationen und sollte im Rahmen weiterführender Forschungs- und Praxisansätze vertieft beleuchtet werden. Die Analysen zeigen, dass der Begriff schwer erreichbare Zielgruppen zwar benutzt werden kann, die vielfältigen Gruppen der Jugendlichen und Migrant:innen im Rahmen des Programms Soziale Stadt jedoch nicht pauschal behandelt oder stereotyp als schwer erreichbar eingeordnet werden dürfen.

Die Fallstudie zeigt, dass trotz einer besonderen institutionellen Verankerung von Beteiligung in der sozialen Stadterneuerung besondere Merkmale vieler benachteiligter Stadtquartiere – etwa der hohe Anteil von migrantischer Bevölkerung – als strukturelle Herausforderungen einer intensiven Bearbeitung bedürfen. Größere baulich-investive Vorhaben wie die Erneuerung sozialer Infrastruktureinrichtungen und Freiflächen bieten Chancen für eine intensive Einbeziehung schwer erreichbarer Bevölkerungsgruppen und ihrer Bedürfnisse. Weitergehende Anstrengungen zur Sicherung der Beteiligungsqualität sollten unternommen und dazu nachprüfbare Standards entwickelt werden. Die Empfehlungen werden jedoch nur im Zusammenhang wirken und lassen sich nicht rezeptartig auf einen Schlag implementieren. Dennoch sollten sie Teil einer umfassenden Strategie aus kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen sein.

About the author(s)

Mohamed ElGamal, Dr.-Ing., Stadtplaner, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Stadterneuerung und Planungstheorie an der Universität Kassel. Forschungsinteressen: Urban Governance, urbane Transformation im globalen Kontext sowie Stadterneuerung im Globalen Süden.

Mohamed ElGamal, Dr.-Ing. urban planner, research associate in the Department of Urban Regeneration and Planning Theory at the University of Kassel. Research interests: Urban governance, urban transformations in a global context and urban regeneration in the Global South.

Uwe Altrock, Prof. Dr.-Ing., Leiter des Fachgebiets Stadterneuerung und Planungstheorie an der Universität Kassel. Mit seinem interdisziplinären Team beforscht er durch eine Vielfalt von DFG-Projekten Stadterneuerung in Deutschland, China, USA, Kuba und Südafrika.

Uwe Altrock, Prof. Dr.-Ing., Head of the Department of Urban Regeneration and Planning Theory at the University of Kassel. With his interdisciplinary team, he researches urban regeneration in Germany, China, the USA, Cuba and South Africa through a variety of DFG projects.

References

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BBSR und BMUB (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit) (2017) (Hg.): Zwischenevaluierung des Städtebauförderungsprogramms Soziale Stadt. Bonn: BBSR.

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