Published 15.02.2021

Umsetzung und Auswirkungen essbarer Städte

Eine naturbasierte Lösung für gesellschaftliche Herausforderungen der Urbanisierung?

Implementation and Impacts of Edible Cities

A Nature-Based Solution for Societal Challenges of Urbanization?

Keywords: Urbane Landwirtschaft; Mensch-Natur-Verbindung; Ortsverbundenheit; nachhaltige Stadtentwicklung; urban agriculture; human-nature connection; place attachment; sustainable urban development

Abstract:

Im Zuge aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen, wie dem Klimawandel, der Entfremdung des Menschen von der Natur und der Kritik an der Nahrungsmittelindustrie, gewinnt das Konzept der essbaren Stadt in der Stadtplanung und Wissenschaft immer mehr an Bedeutung. Essbare Städte nutzen öffentliche Flächen zur Bereitstellung von kostenlosen Lebensmitteln und zum städtischen Gärtnern für die Bürger:innen. Sie können aber auch weitere Formen der urbanen Lebensmittelproduktion wie z. B. Permakulturanlagen oder Krautgärten umfassen. In einem von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) geförderten Projekt wurden Umsetzungs- und Auswirkungspotenziale der essbaren Stadt in drei deutschen Fallstudien (Andernach, Haar, München) untersucht. In diesem Artikel werden wesentliche Ergebnisse des Vorhabens zusammengefasst. 

In the course of current societal challenges, such as climate change, the estrangement of human being from nature and criticism of food industries, the concept of the edible city is gaining in significance in academia and urban planning. Edible cities use public spaces to allocate free food or to implement urban gardening for the urban population. However, edible cities can include also other types of urban food production such as permaculture or vegetable gardens. In a project funded by the German Research Foundation (DFG) implementation and impact potentials of edible cities were investigated in three German case studies (Andernach, Haar, Munich). Major results of the project are presented in this paper. 

Lebensmittelproduktion in der Stadt 

Bereits heute lebt die Hälfte der Weltbevölkerung in der Stadt und Prognosen deuten darauf hin, dass dieser Anteil bis Mitte dieses Jahrhunderts auf 68 % ansteigen wird (Vereinte Nationen 2019). In Deutschland leben inzwischen 77 % der Menschen in Städten (Zech 2018). Dieser stetige Urbanisierungsprozess verstärkt gesellschaftliche Herausforderungen wie den Klimawandel, Biodiversitätsverlust oder die soziale Segregation. Naturbasierte Lösungen können helfen, solchen Herausforderungen entgegenzuwirken, indem sie sich auf die Natur stützen oder diese kopieren. Dadurch bewirken diese zahlreiche positive Nebeneffekte für die Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft und können so kostengünstigere Ansätze anbieten als technische Lösungen (Europäische Kommission 2015). Auch urbane Lebensmittelproduktion (ULP) bietet multifunktionale Vorteile für eine nachhaltige Stadtentwicklung und gewinnt als naturbasierte Lösung in der Stadtplanung immer mehr an Bedeutung (Artmann und Sartison 2018). ULP kann dem urbanen Wärmeinsel-Effekt entgegenwirken und gleichzeitig Lebensraum für Wildtiere und genetische Vielfalt schaffen (Artmann und Sartison 2018). Urbane Gärten bieten zudem Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten und fördern damit Gesundheit und Wohlbefinden sowie sozialen Zusammenhalt in der Stadtbevölkerung (Cabral 2017). Darüber hinaus kann ULP mit ökonomischen Vorteilen verbunden werden, indem beispielsweise soziale Unternehmen und Jobmöglichkeiten geschaffen werden (Vitiello und Wolf-Powers 2014). 

Im Zuge aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen und der Kritik an der Nahrungsmittelindustrie gewinnt das Konzept der essbaren Stadt in der Stadtplanung immer mehr an Bedeutung (Sartison und Artmann 2020; Säumel et al. 2019). Die Stadt Todmorden in England griff als erstes die Idee der essbaren Stadt auf. Auf öffentlichen Grünflächen werden dort Obst und Gemüse zur freien Entnahme bepflanzt. Die Involvierung der Bevölkerung in die Planung, Umsetzung und in Bildungsmaßnahmen ist ein wichtiger Fokus der Initiative (Incredible Edible Todmorden 2015). Die essbare Stadt kann verschiedenste Formen von ULP involvieren, wie beispielsweise Gemeinschaftsgärten, Schrebergärten, Dach- und Fassadenbegrünung mit essbaren Pflanzen oder technologische Ansätze wie vertikale Lebensmittelproduktion (Säumel et al. 2019) oder Aquaponik-Anlagen (eine Kombination aus Aqua- und Hydrokultur) (Specht et al. 2016). Auch ein Umdenken des Nutzens öffentlicher Flächen wird durch die essbare Stadt angeregt. So können öffentliche Grünräume durch Gemüsebeete kreativ gestaltet und der Stadtbevölkerung Lebensmittel gratis zur Verfügung gestellt werden (Kosack 2016). Die Umgestaltung öffentlicher Flächen als Antwort auf gesellschaftliche Herausforderungen war auch die Grundidee in Todmorden (Morley et al. 2017). Um die multidimensionalen Auswirkungen sowie Umsetzungspotentiale essbarer Städte als naturbasierte Lösung aufzuzeigen, mangelt es derzeit jedoch noch an systematischen Untersuchungen.

In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt wurden diese Forschungslücken adressiert. In diesem Artikel werden die wesentlichen Ergebnisse des Vorhabens vorgestellt und dabei folgende Hauptfragen am Beispiel von drei deutschen Fallstudien (Andernach, Haar, München) untersucht:

  • Welche gesellschaftlichen Herausforderungen können durch die essbare Stadt adressiert werden?
  • Welchen positiven Beitrag leistet die essbare Stadt zu diesen Herausforderungen?
  • Wie kann die essbare Stadt implementiert werden? 

Die Fallstudien Andernach, Haar und München

Für eine effektive Implementierung von naturbasierten Lösungen empfiehlt die Europäische Kommission (2015), Erfahrungen aus Vorreiter- und Nachfolger-Städten zu sammeln. Darauf basierend wurden folgende Fallstudien ausgewählt: 1) Andernach als Vorreiter, die als eine der ersten Städte in Deutschland das Konzept der essbaren Stadt umgesetzt hat, 2) Haar als Nachfolger, eine Gemeinde in Bayern, die auf Basis von Andernach das Konzept der essbaren Stadt umsetzte und 3) München als potentieller Nachfolger und eine Großstadt, in der das Konzept der essbaren Stadt nicht explizit umgesetzt wurde, aber eine Reihe von Initiativen im Bereich ULP das Thema in der Stadtplanung und -bevölkerung verankern wollen (siehe auch Sartison und Artmann 2020). Eine geographische Übersicht sowie statistische Eckdaten werden in Abbildung 1 dargestellt.

Andernach ist eine Stadt mit rund 31.000 Einwohner:innen und liegt in Rheinland-Pfalz zwischen Köln und Koblenz. „Pflücken erlaubt“ anstatt „Betreten verboten“ – das ist der Slogan der essbaren Stadt Andernach. Zum Internationalen Jahr der Biodiversität im Jahr 2010 setzte sich die Stadt zum Ziel, auf das Aussterben traditioneller Pflanzenarten und -sorten aufmerksam machen. Dafür pflanzte die Stadtverwaltung 101 Tomatensorten um die mittelalterliche Stadtmauer im Stadtzentrum. Diese Aktion wurde von den Bürger:innen sowie von verschiedenen Medien positiv aufgenommen und die Stadt wurde unter dem Titel „Essbare Stadt Andernach“ bekannt. Seitdem werden beliebte Lebensmittel wie Wein, Hopfen, Zucchini oder Küchenkräuter auf öffentlichen Flächen und Hochbeeten angebaut, welche die Bürger:innen kostenlos ernten können. Diese Flächen werden von einer lokalen Langzeitarbeitslosen-Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft gepflegt. Zusätzlich zu den Flächen in der Innenstadt bewirtschaftet die Stadt eine Permakulturfläche von 14 Hektar am Rande der Stadt. Hier werden auch seltene Nutztierrassen wie z. B. Sattelschweine und alte Schafrassen gehalten. Die landwirtschaftlichen Produkte werden in einem Geschäft in der Innenstadt verkauft (Kosack 2016). 

Haar ist eine Gemeinde mit ca. 21.000 Einwohner:innen in Süddeutschland und liegt etwa 12 Kilometer östlich von München. Früher von Ackerland und ländlichen Dorfstrukturen geprägt unterliegt Haar heute einem kontinuierlichen Urbanisierungsprozess. Mit dem Projekt Haar zum Anbeißen will die Gemeinde Gemeinschaftsgärten stärker in den öffentlichen Grünraum integrieren (Haar o. J.-a). So wurde das Konzept der essbaren Stadt, ähnlich wie in Andernach, von der Verwaltung initiiert. Seit 2014 hat die Gemeinde drei Gemeinschaftsgärten angelegt und unterstützt die Bürger:innen durch die Bereitstellung von Saatgut, Pflanzen und Gartengeräten. Die Pflege der öffentlichen Gärten wird von der Bevölkerung selbst durchgeführt (Haar o. J.-b). 

München ist mit rund 1,5 Millionen Einwohner:innen die drittgrößte Stadt Deutschlands. Sie ist die Hauptstadt des Freistaates Bayern und eines der wichtigsten Wirtschaftszentren Süddeutschlands. Im Gegensatz zur essbaren Stadt Andernach und der Gemeinde Haar wird das Konzept in München nicht von der Stadtverwaltung aus gesteuert. Es ist vielmehr eine Vision, die größtenteils von zivilgesellschaftlichen Initiativen aufgegriffen wurde. Dazu gehören u. a. Gemeinschaftsgärten auf öffentlichen und privaten Flächen, z. B. auf Brachflächen als Zwischennutzung, auf Dächern von Wohnungsbaugenossenschaften oder in Stadtparks. Von der essbaren Stadt Andernach inspiriert heißt ein Gemeinschaftsgarten des letzteren Beispiels Essbare Stadt und ist ein Pilotprojekt zur Umsetzung des Konzepts am Beispiel eines Gemeinschaftsgartens auf einer öffentlichen Parkfläche, getragen von dem lokalen Verein Green City e. V.. Anders als in der essbaren Stadt Andernach, wo die Stadtverwaltung die Verantwortung für die Versorgung der essbaren Flächen übernimmt, übernehmen Bürger:innen beim Münchner Beispiel Beetpatenschaften und gärtnern dort für den Eigenverbrauch (Green City o. J.). Die informelle Planungsstrategie zur langfristigen Siedlungsentwicklung München sieht zudem Potenzial in der Nahrungsmittelproduktion durch urbane Gartenbauprojekte wie den Krautgärten (München o. J.-a). Dabei handelt es sich um ein Kooperationsprojekt zwischen Grüngürtel-Landwirten, dem Kommunalreferat und dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung sowie der Münchner Stadtbevölkerung, bei welchem im Frühjahr auf Agrarflächen Gärten angelegt und kostengünstig an Bürger:innen vermietet werden. Die Gartenflächen werden während der Saison nach Kriterien des Ökolandbaus bewirtschaftet (München o. J.-b). 

Abbildung 1: Geographische Übersicht der drei Fallstudien. Quelle: Eigene Abbildung.

Interviews und Befragungen in den Fallstudien

In dem Projekt wurden sowohl qualitative als auch quantitative Sozialforschungsmethoden angewandt. Eingangs wurden insgesamt 29 Akteur:innen in 21 semi-strukturierten Interviews unter anderem zu Auswirkungs- und Umsetzungspotenzialen essbarer Städte in den drei Fallstudien befragt. Dabei stammen fünf Interviews aus Andernach, drei aus Haar und 13 aus München (siehe auch Sartison und Artmann 2020). Bei diesen Akteur:innen handelt es sich um Personen, die unmittelbar an der Implementierung des essbaren Stadt-Konzepts beteiligt sind. Dazu zählen verschiedene Vertreter:innen aus dem öffentlichen Bereich (Stadtverwaltung inklusive Grünflächenamt, Sozialamt und Bauamt sowie Stadtpolitik), dem privaten Sektor (Beschäftigte in Gärtnereien, der Landwirtschaft, in Wohnungsbaugenossenschaften oder in der Landschaftsarchitektur) und aus der Zivilgesellschaft (Vereine und einzelne aktive Bürger:innen).

Basierend auf der Identifikation relevanter gesellschaftlicher Herausforderungen, welche essbare Städte und deren Auswirkungspotenziale adressieren, wurden zwei standardisierte Umfragen durchgeführt, um so die Wirkungen der essbaren Stadt quantitativ zu evaluieren. Aufgrund der größeren Akteursvielfalt und um etwaige Unterschiede in den Auswirkungspotenzialen verschiedener ULP-Formen zu identifizieren, fokussierten vertiefende Befragungen auf die Städte Andernach und München. Als Beispiel für eine stadtweite Strategie der essbaren Stadt wurde Andernach ausgewählt und als Beispiel für eine partizipative Form von ULP das Krautgarten-Projekt der Stadtverwaltung München. Bei der Umfrage in Andernach handelt es sich um eine Bürger:innenumfrage zur essbaren Stadt, bei der systematisch jede zweite Person auf Andernachs Straßen befragt wurde. Die zweite Studie umfasst eine Online-Umfrage mit Krautgarten-Nutzer:innen in München. Aufgrund mangelnder Kapazitäten konnte eine dritte Befragung in Haar nicht durchgeführt werden. Die Umfragen in München und Andernach liefen von Februar bis April 2019. 

Auswirkungspotenziale essbarer Städte auf gesellschaftliche Herausforderungen 

Auf Basis der im vorherigen Kapitel beschriebenen Interviews wurden zehn gesellschaftliche Herausforderungen und die damit einhergehenden positiven Wirkungen identifiziert, die über die essbare Stadt am Beispiel von Andernach, Haar und München adressiert werden können. Dazu wurden die unterschiedlichen positiven Auswirkungen auf die jeweilige Herausforderung, welche pro Interview und gesellschaftliche Herausforderung genannt wurden, aufsummiert. Mehrfachnennungen einer Auswirkung innerhalb eines Interviews wurden nur einmal gezählt (siehe auch Sartison und Artmann 2020). Negative Wirkungen, die allgemein einen geringen Anteil ausmachen, werden in Artmann und Sartison (2018) näher beschrieben. Die Ergebnisse werden zusammen mit ausgewählten Zitaten aus den Interviews in Abbildung 2 illustriert.

Die am häufigsten genannte Herausforderung ist der soziale Zusammenhalt. Verschiedene Akteur:innen in München und Haar erwähnten, dass durch die Urbanisierung Städte und ihre Nachbarschaften immer anonymer werden. Laut der interviewten Akteur:innen können essbare Städte Gemeinschaft fördern, wenn Menschen unterschiedlichen Alters, aus verschiedenen Ländern und unterschiedlicher sozialer Herkunft gemeinsam pflanzen und ernten. Darüber hinaus werde durch das urbane Gärtnern die Umweltbildung und entsprechende Lerneffekte unterstützt. In allen Fällen steht der ökopädagogische Charakter der essbaren Stadt im Vordergrund. Dieser Aspekt geht mit der adressierten Herausforderung Mensch-Natur-Beziehung mit Fokus auf Ernährung einher. Durch die Urbanisierung und industrialisierte Lebensmittelproduktion würden laut der interviewten Expert:innen die Bewohner:innen und insbesondere Kinder in den Städten zunehmend den Bezug zur Natur und den Lebensmitteln verlieren. Essbare Städte könnten, nach Ansicht der Befragten, Naturerlebnis, Ortsverbundenheit sowie die Wertschätzung für regionale Lebensmittel stärken. 

Darüber hinaus gilt die Stärkung der lokalen Wertschöpfung als weitere wichtige Herausforderung, die durch die essbare Stadt laut der befragten Expert:innen adressiert werden kann. Das trifft vor allem für Andernach zu. Durch die positive mediale Aufmerksamkeit im Radio, Regionalfernsehen und sogar in internationalen Zeitungen wurde die essbare Stadt Andernach bekannt und fördert laut der interviewten Akteur:innen dadurch ein gutes Stadtimage. Als Folge dessen bietet die Andernacher Tourismusagentur rund 80 bis 90 Führungen jährlich zu dem Thema an, was die lokale Wirtschaft zusätzlich unterstützt. In Haar und München spielt der Tourismus mit Fokus auf die essbare Stadt keine Rolle. Hier werden vor allem lokale Marktvorteile erwähnt, z. B. für Münchner Landwirt:innen, die Flächen für Gemeinschaftsgärten (z. B. Krautgärten) zur Verfügung stellen und so ein zusätzliches Einkommen erhalten oder für Gärtnereien, die Gemeinschaftsgärten in Haar mit Setzlingen beliefern. Weitere Ziele im Hinblick auf diese Herausforderung sind Kosteneinsparungen, beispielsweise durch Beetpatenschaften zur langfristigen Reduzierung von Pflegekosten (siehe auch Kosack 2016) sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen. Letzteres spielt in Andernach eine wichtige Rolle, da hier Langzeitarbeitslose für die Pflege der entsprechenden Flächen eingestellt werden. Der Klimawandel als weitere Herausforderung wird an vierter Stelle erwähnt. Essbare Städte spielen, laut Interviews, in allen Fallstudien eine wichtige Rolle bei der Regulierung des lokalen Klimas und der Luftqualität. In München werden zusätzlich die Kohlenstoffbindung und -speicherung sowie die Vermeidung von Oberflächenabfluss als Klimaanpassungsmaßnahme durch essbare Pflanzen und Flächen genannt. Zusätzlich kann laut der Befragten die Gesundheit durch die essbare Stadt gefördert werden, da ihre Flächen Erholungspotenzial bieten, das beispielsweise körperliches und geistiges Wohlbefinden oder spirituelle Erfahrung fördern kann. Die Ernährungssicherheit im Hinblick auf die Selbstversorgung wurde von den Befragten kritisch diskutiert. Ein Akteur der Stadtverwaltung München erwähnt, dass Krautgärten zumindest für die Gärtner:innen zu einem großen Teil der Selbstversorgung beitragen, während ein Befragter aus der Stadtverwaltung Andernach verdeutlicht, dass eine extensive Nahrungsmittelproduktion nicht das Ziel der essbaren Stadt sei, sondern vielmehr ihr ökopädagogischer Charakter im Vordergrund stehe. 

Die Befragten erklären zudem, dass die industrialisierte Landwirtschaft von der essbaren Stadt adressiert werden kann, wenn Menschen, die sich für ULP engagieren oder zumindest sensibilisiert sind, sich mehr für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion interessieren und schließlich den regionalen und ökologischen Landbau unterstützen (siehe auch Herausforderung Mensch-Natur-Beziehung). Außerdem kann dem Verlust der biologischen Vielfalt entgegengewirkt werden, indem beispielsweise bedrohte Pflanzenarten genutzt werden, die zugleich essbar sind. Zu einem geringeren Maße werden in den Fallstudien die Herausforderungen Ressourceneffizienz und Flächenregenerierung genannt.  

Zusammenfassend kann basierend auf den Interviews festgestellt werden, dass die ­essbare Stadt als naturbasierte Lösung einen multifunktionalen Ansatz verfolgt. Vor allem soziale Aspekte wie Gemeinschaft in der Stadt oder Mensch-Natur-Beziehung durch Umweltbildung und sozialen Austausch wurden am häufigsten in den Interviews erwähnt. Diese Punkte werden im nächsten Kapitel aufgegriffen, in dem die Auswirkungen der essbaren Stadt und der Krautgärten auf Basis von zwei Umfragen jeweils in Andernach und München untersucht wurden.

Abbildung 2: Übersicht über die in den Interviews genannten potenziellen positiven Wirkungen durch die essbare Stadt (n), aufsummiert pro gesellschaftlicher Herausforderung (N). Quelle: Eigene Abbildung.

Auswirkungen der essbaren Stadt Andernach und der Münchner Krautgärten

Um wesentliche Auswirkungen essbarer Städte zu den im vorherigen Kapitel am häufigsten erwähnten Herausforderungen zu evaluieren, wurde ein grundlagenorientiertes Bewertungssystem entwickelt, welches auf den Konzepten der Ortsverbundenheit und Mensch-Natur-Beziehung fußt (Artmann et al. 2020). Im Folgenden werden ausgewählte Umfrageergebnisse aus der essbaren Stadt Andernach und den Krautgärten in München vorgestellt. An der Studie in Andernach nahmen 380 Bürger:innen teil und in München 254 Krautgärtner:innen. Bei beiden Studien war der Frauenanteil höher als der Männeranteil (Andernach: 63 %; München: 73 %), das Durchschnittsalter lag in der Andernach-Umfrage bei 60 Jahren (s = 1,5) und im Münchner Fall bei 48 Jahren (s = 1,05). Im Vergleich zur regionalen Statistik sind die Befragten in den Studien eher weiblich und älter als im Durchschnitt der Bevölkerung (Landesstatistik Rheinland-Pfalz 2018; Landesstatistik Bayern 2019-b).

Unterschiede zwischen Andernach und München 

Insgesamt zeigten die Befragungen, dass die positiven Auswirkungen durch eine urbane Lebensmittelproduktion bei den Krautgärten in München als Beispiel für eine partizipative ULP-Form von den Befragten als stärker ausgeprägt eingeschätzt wurden als in Andernach, wo das Konzept der essbaren Stadt als stadtweite Top-Down-Strategie umgesetzt wurde. Der positive Beitrag der Krautgärten wurde vor allem deutlich in den Fragen zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts, der Natur- und Ortsverbundenheit, der Gesundheit im Rahmen körperlicher Betätigung sowie der Ernährungssicherheit.

Laut Interviews soll die essbare Stadt vor allem zum sozialen Zusammenhalt beitragen. In den Umfragen wurde u. a. abgefragt, inwiefern die Befragten durch die essbare Stadt Andernach/den Krautgärten besser in Kontakt mit anderen Bürger:innen seien. Für lediglich 13 % der Andernacher Befragten trifft diese Aussage voll oder eher zu. Dagegen trifft für fast die Hälfte (46 %) dieselbe Aussage nicht zu und über ein Drittel der befragten Krautgärtner:innen stimmen teils-teils zu (36 %) (siehe Abbildung 3a). Diese Ergebnisse decken sich somit nur in Teilen mit den Resultaten aus den Interviews. Die in den Interviews ermittelten Lerneffekte bezüglich Ernährung und Lebensmittel durch die essbare Stadt fallen in Andernach tendenziell gering aus. Für über ein Drittel der Befragten (35 %) trifft die entsprechende Aussage nicht zu. In den Krautgärten zeigt sich ein nahezu gegenteiliges Bild. Für die Mehrheit trifft die Aussage nach dem Lerneffekt voll (38 %) oder eher zu (31 %).

Die in den Interviews am zweithäufigsten genannte Herausforderung, die die essbare Stadt adressieren kann, ist die Stärkung der Mensch-Natur-Beziehung. Im Fall von Andernach zeigt sich diesbezüglich ein gemischtes Bild. 21 % der Befragten stimmen voll zu, eine tiefe Naturverbindung zu verspüren, wenn sie sich auf den Flächen der essbaren Stadt aufhalten. Für 20 % trifft diese Aussage hingegen nicht zu. Für die Krautgärtner:innen trifft die Aussage zu 54 % voll zu (siehe Abbildung 3b). Auch bezüglich der Frage, ob die Krautgärten oder die essbare Stadt Gründe seien, lieber in München bzw. in
Andernach zu leben, stimmten mehr Krautgärtner:innen voll oder eher zu (68 %) als Bürger:innen in Andernach (43 %).

Bezüglich des Beitrags der essbaren Stadt bzw. der Krautgärten zur Gesundheit wurde abgefragt, wie häufig die Personen die Flächen für Erholung oder körperliche Aktivitäten gebrauchen. In beiden Studien stellen die untersuchten ULP-Flächen Erholungsräume dar, die die Befragten regelmäßig für diesen Zweck nutzen. Die größte Gruppe der Andernacher Befragten nutzen die Flächen mehrmals pro Monat (33 %), um sich zu erholen. Die größte Gruppe der Krautgärtner:innen (44 %) besucht die Flächen hingegen mehrmals pro Woche zur Erholung. Vor allem in Hinblick auf körperliche Betätigung fallen die Ergebnisse in den Studien sehr unterschiedlich aus. Über 60 % der Befragten in den Krautgärten betätigen sich mehrmals pro Woche körperlich im Krautgarten, während der Großteil der Andernacher Befragten dies nie oder selten tut (siehe Abbildung 3c). 

Die Ernährungssicherheit im Hinblick auf die Selbstversorgung durch Nahrungsmittel wurde in den Interviews unterschiedlich wahrgenommen. Dieser Aspekt spiegelt sich auch in den Umfragen wider. Hier wird erkennbar, dass die deutliche Mehrheit von 70 % der Befragten in Andernach die Flächen gar nicht für das Ernten in der Gartensaison nutzen (siehe Abbildung 3d). In den offenen Kommentarfeldern wurde häufig von Bedenken gegenüber den Flächen gesprochen, wie z. B., dass Hunde auf die Flächen urinieren würden oder die Ernte eher für finanziell schwächer Gestellte bestimmt sei. Bei den Krautgarten-Nutzer:innen hingegen ernten über zwei Drittel der Befragten mehrmals pro Woche Lebensmittel in der Gartensaison.

Dieser Aspekt spiegelt sich auch im Gemüse-Selbstversorger-Anteil wider. Hierbei wurde abgefragt, wie hoch der Anteil an Gemüse, den die Befragten aus der essbaren Stadt oder dem Krautgarten beziehen im Vergleich zu dem Anteil gekaufter Lebensmittel sei. 70 % der Befragten aus Andernach zeigen keinen Gemüse-Selbstversorger-Anteil auf. Bei den meisten Krautgärtner:innen hingegen liegt der Anteil zwischen 26–50 % oder 51–75 %.

Abbildung 3: Unterschiede zwischen Andernach und München. Quelle: Eigene Abbildung.

Gemeinsamkeiten zwischen Andernach und München 

Ein tendenziell ähnliches Bild zu den Auswirkungen der Krautgärten bzw. der essbaren Stadt zeigte sich im Bereich der gesteigerten Attraktivität der Stadt als potenzieller Beitrag zur Stärkung der lokalen Wertschöpfung.

Diesbezüglich wurde abgefragt, inwiefern Andernach bzw. München durch die essbare Stadt oder die Krautgärten attraktiver geworden sei. Es wird deutlich, dass beide untersuchten Formen der ULP einen positiven Einfluss auf die Attraktivität beider Städte haben. Für über die Hälfte der Befragten in Andernach (56 %) und für 60 % der befragten Krautgärtner:innen trifft die Aussage voll zu (siehe Abbildung 4). Das unterstreicht den positiven Beitrag beider Konzepte auf das Stadtimage. 

Abbildung 4: Die essbare Stadt/der Krautgarten trägt zur Attraktivität von Andernach/München bei. Quelle: Eigene Abbildung.

Umsetzung essbarer Städte 

In dem Projekt wurden fördernde und hemmende Faktoren in Bezug auf die Implementierung der essbaren Stadt durch die Interviews identifiziert. Diese können im Detail in Sartison und Artmann (2020) nachgelesen werden. Um eine effektive und langfristige Implementierung der essbaren Stadt zu erreichen, werden die Ergebnisse der Interviews basierend auf dem Konzept der Beschleunigung von Nachhaltigkeitsstrategien analysiert. Laut Ehnert et al. (2018) sind fünf Mechanismen für eine effektive und langfristige Nachhaltigkeitsstrategie zu berücksichtigen: a) Upscaling, b) Replikation, c) Partnerschaften, d) Instrumentalisierung und e) Einbettung. Diese Mechanismen werden bezogen auf die essbare Stadt als Nachhaltigkeitsstrategie wie folgt diskutiert:

a) Upscaling: Der Begriff bezieht sich auf das Wachstum von Mitgliedern, Unterstützer:innen oder Nutzer:innen einer Nachhaltigkeitsinitiative (hier ULP-Formen) zur Verbreitung von neuen Denkweisen, Organisationen und Praktiken (Boyer 2015). Bezogen auf die essbare Stadt wurde Upscaling in den Interviews im Hinblick auf institutionelle und soziale Faktoren diskutiert. Befragte aus München hoffen, dass verschiedene Bottom-Up-Initiativen aus der Zivilgesellschaft und lokalen Wirtschaft weitere Akteur:innen motivieren, ihre eigenen Lebensmittel anzubauen. Darüber hinaus wurden engagierte Mitarbeiter:innen der Stadtverwaltung und Stadtpolitik als wichtige Treiber genannt, welche die entsprechenden institutionellen Strukturen schaffen können: „Das kam jetzt ganz deutlich raus, man braucht die Akteure, die da auch eine innere Motivation haben, das Thema so voranzubringen“ (Bürger in Haar). Daher wird ein Mix aus einem Bottom-Up und Top-Down-Ansatz für eine effektive Implementierung der essbaren Stadt vorgeschlagen. Die Interviews zeigen, dass sich das Upscaling nicht nur durch mehr Unterstützer:innen erkennbar macht (Ehnert et al. 2018), sondern auch durch das Potenzial, verschiedene Nachhaltigkeitskontexte im Rahmen der essbaren Stadt miteinander zu verbinden. Akteur:innen aus allen Bereichen sehen den Wert der essbaren Stadt als Querschnittsthema, das mit
verschiedenen Nachhaltigkeitsbereichen, wie z. B. Slow-Food, Fair-Trade oder Bodenschutz einhergeht. Außerdem können durch den multifunktionalen Charakter der essbaren Stadt Menschen mit unterschiedlichen Interessen (z. B. Technik, Ästhetik, sozialer Austausch und Ernährung) angesprochen und das Thema in verschiedene Ämter der Stadtverwaltung (z. B. das Amt für Begrünung oder Gesundheit und das Bau-oder Sozialamt) integriert und so Synergien geschaffen werden: 

„Es ist ein absolutes Querschnittsthema. Für mich geht das wirklich so quer durch die Gesellschaft und auch quer durch die politischen Ressorts. Es betrifft ja auch jeden.”

(Verein in München)

b) Replikation: Um die Anzahl der essbaren Städte zu erhöhen, erscheinen Vorreiter wie Andernach als wichtig (siehe auch Europäische Kommission 2015). So ließen sich die befragten Akteur:innen aus München und Haar teilweise bei der Implementierung von ULP Projekten von Andernach inspirieren. Die essbare Stadt Andernach profitierte von einer hohen medialen Aufmerksamkeit in Zeitungen, Radio und Fernsehen. Öffentlichkeitsarbeit und Bildung können daher ein wichtiger Treiber für die Replikation und damit Implementierung der essbaren Stadt sein. 

„Ich habe halt, wie so oft, die Zeitschrift (x) mir angeschaut. Und da bin ich auf eine Beschreibung der Stadt Andernach gestoßen – und da dachte ich mir: Holla die Waldfee, das könnte was für Haar sein. Da ich ein großes Gärtnerherz in meiner Brust trage, hab ich mir dann gedacht, da machen wir was draus.“

(Gemeindeverwaltung Haar)

c) Partnerschaften: Die Ergebnisse der Interviews zeigen, dass formelle und informelle Allianzen mit unterschiedlichen Akteur:innen in der Stadt wichtig sind, um neue Projekte im Bereich ULP anzutreiben: 

„Vieles läuft informell […]. Je besser man vernetzt ist, sprich auch mit den Verantwortlichen […]. Da sagt der eine etwas dem anderen und der andere sitzt in der Stadt. Da kann man schon etwas bewirken.“

(Bürgerin in Andernach)

Auch Partnerschaften mit anderen essbaren Städten, wie sie im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts (an dem auch Andernach beteiligt ist) initiiert wurden (Europäische Kommission 2019), können dazu beitragen, die Idee einer essbaren Stadt schneller voranzubringen. Im Allgemeinen zeigten die Interviews in allen drei Fallstudien, dass die Netzwerkzusammenarbeit ein wichtiger Faktor für die Implementierung der essbaren Stadt ist.

d) Instrumentalisierung: Die Ergebnisse zeigen, dass eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Projekte essentiell ist, um eine langfristige Implementierung zu sichern. Akteur:innen zweier Vereine in München betonen, dass es an finanziellen Mitteln für die Implementierung von ULP-Projekten mangele. Diese werden, wenn überhaupt, eher für kurzfristige Laufzeiten ausgelegt. In Andernach wurden Langzeitarbeitslose für die
Bewirtschaftung der entsprechenden Flächen engagiert. Dadurch können öffentliche Mittel zur Förderung einer langfristigen Umsetzung der essbaren Stadt gewährleistet werden. Andernach beteiligt sich zudem an europäischen Forschungsprojekten (s. o.), die zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Dadurch kann eine langfristige Integration des essbaren Stadt-Konzepts gefördert werden.

e) Einbettung: Dieser Prozess bezieht sich auf die Anpassung alter und neuer Handlungspraktiken sowie Organisations- und Denkweisen in der Planung (Frantzeskaki et al. 2017). Die Stadtverwaltung Andernach hat das Konzept der essbaren Stadt ohne jegliche Strategie, sondern vielmehr durch experimentieren umgesetzt:

„Es gibt keinen Gesamtplan, es gibt kein Konzept. Wir setzen uns zusammen, trinken Kaffee und meinen „Bohnenstangen, das ist cool. Dort hinten kommt ein Bohnen-Tipi hin und da kommt ein Bohnen-Tipi hin“ und „Guckt mal, dass ihr ein paar seltene Bohnensorten bekommt und die ein bisschen erhaltet“ […]. Und dann geht es weiter. Wir haben auch Praktikanten gehabt, die waren entsetzt von der Strukturlosigkeit dieses Projektes, aber es klappt.“

(Stadtverwaltung Andernach)

Mehr Mut zum Experimentieren seitens der Stadtverwaltung wird auch von einer Landschaftsarchitektin in München gefordert. Dies steht im Einklang mit Bulkeley et al. (2019), welche argumentieren, dass Veränderungsprozesse Richtung Nachhaltigkeit komplex sind und unsichere Systemmechanismen beinhalten, die einen flexiblen Prozess des Learning by Doing und Doing by Learning erfordern. 

Fazit und Ausblick

Die Ergebnisse des DFG-Projekts zeigen, dass essbare Städte und darin eingebettete unterschiedliche Formen der ULP wie beispielsweise Krautgärten als naturbasierte Lösungen verstanden werden können, welche verschiedene gesellschaftliche Herausforderungen der Urbanisierung adressieren. In den Interviews der Fallstudien zählen dazu vor allem die Stärkung des sozialen Zusammenhalts, die Mensch-Natur-Beziehung in Bezug zu Ernährung und Ortsverbundenheit sowie lokale Wertschöpfung und Gesundheit. Der Beitrag der essbaren Stadt zur Ernährungssicherheit wurde in den Fallstudien kontrovers diskutiert. Inwiefern ULP tatsächlich zu diesen Herausforderungen positiv beitragen können, wurde an den Beispielen der essbaren Stadt Andernach und der Krautgärten in München durch zwei standardisierte Umfragen quantitativ evaluiert. In beiden Befragungen zeigt sich, dass sowohl die essbare Stadt als auch die Krautgärten wesentlich zur Attraktivität der jeweiligen Stadt beitragen und die Flächen zudem regelmäßig für Erholungszwecke genutzt werden. In einigen Aspekten fallen die Ergebnisse zwischen den Studien jedoch deutlich unterschiedlich aus und vor allem die Krautgärten als partizipative Form urbaner Lebensmittelproduktion haben zahlreiche positive Auswirkungen auf die Gärtner:innen. Vor allem tragen die Krautgärten laut der Befragten wesentlich stärker zur Selbstversorgung mit Lebensmitteln bei als die essbaren Flächen in Andernach, welche von den Befragten kaum zum Ernten der Pflanzen genutzt werden. Da die Studien unterschiedliche Zielgruppen und Landnutzungsformen des urbanen Gärtnerns betrachten, hat der Vergleich keinen quantitativen Anspruch, sondern soll vielmehr einen Einblick in die verschiedenen Ansätze der essbaren Stadt liefern.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die positiven Auswirkungen bei den Krautgärten stärker ausgeprägt sind als in Andernach. Gründe dafür können in der aktiven Einbindung der Krautgärtner:innen in die ULP liegen. Die Befragung in Andernach zeigte, dass von den befragten Personen 74 % nicht aktiv in die essbare Stadt eingebunden sind (z. B. durch Beetpatenschaften) und dies auch nicht wünschen. Dies kann durch die Top-Down-Implementierung des Konzeptes durch die Stadtverwaltung erklärt werden. Um die positiven Wirkungen der essbaren Stadt noch zu erhöhen, sollte eine aktive Einbindung der Bürger:innen angestrebt werden. Auch die Verwaltung in Andernach strebt ein stärkeres Engagement von Seiten der Bürgerschaft an. So errichtet die Stadt eine neue Versuchsfläche neben einem Jugendverein, bei dem Jugendliche die essbaren Flächen mitbewirtschaften können. Weitere Maßnahmen zur Einbindung der Bürgerschaft können soziale Aktivitäten beinhalten. Beispiele dazu gibt es in Kassel, einer weiteren essbaren Stadt, die durch einen bürgerschaftlichen Verein initiiert wurde. Hier werden Stadtrundgänge oder gemeinsame Kochveranstaltungen umgesetzt (Kassel o. J.). 

Bezüglich der langfristigen Implementierung der essbaren Stadt sind motivierte Mitarbeiter:innen in der Stadtverwaltung sowie stetiges zivilgesellschaftliches Engagement vonnöten, die ein gutes Zusammenspiel für die Umsetzung bilden. Wie dieses Zusammenspiel in Bezug zur essbaren Stadt effektiv gestaltet werden kann und welche Beteiligungsformate zur Umsetzung der essbaren Stadt förderlich sind, wird in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten aktuellen Forschungsprojekt
„Zukunftsstadt“ am Beispiel von Dresden untersucht (IÖR - Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung o. J.). Im Rahmen eines Reallaboransatzes werden basierend auf den Ergebnissen dieses DFG-Vorhabens Umsetzungs- und Auswirkungspotenziale einer kooperativen Umsetzung der essbaren Stadt auf Stadt- und Stadtteilebene evaluiert. 

Danksagung

Dieses Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert (AR 1121/1-1). Die Autorinnen danken den Städten Andernach und München, der Gemeinde Haar und Green City sowie allen Expertinnen und Experten und Bürgerinnen und Bürgern für die Unterstützung der Studie.

About the author(s)

Dr. Martina Artmann ist Postdoc-Wissenschaftlerin am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) und leitet dort neben dem DFG-Projekt zu essbaren Städten die Leibniz-Junior Research Group Urban human-nature resonance for sustainability transformation (URBNANCE).

Dr. Martina Artmann is postdoc-researcher at the Leibniz Institute of Ecological Urban and Regional Development (IOER). She is leading the DFG project on edible cities and is head of the Leibniz-Junior Research Group Urban human-nature resonance for sustainability transformation (URBNANCE).

Katharina Sartison forschte am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) zum DFG-Projekt Essbare Städte. Derzeit wirkt sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Beraterin bei B.A.U.M. Consult unter anderem an Beteiligungsprozessen in der kommunalen Klimawandelanpassung mit.

Katharina Sartison conducted research in the DFG project Edible Cities at the Leibniz Institute of Ecological Urban and Regional Development (IOER). Currently she works as a research associate and consultant for B.A.U.M. Consult supporting participatory processes for local climate change adaptation.

References

Andernach (o. J.): Statistische Daten der Stadt Andernach. https://andernach.de/de/leben_in_andernach/bevoelkerung.html, Zugriff am 17.10.2019.

Artmann, Martina, Sartison, Katharina und Vávra, Jan (2020): The role of edible cities supporting sustainability transformation – A conceptual multi-dimensional framework tested on a case study in Germany. In: Journal of Cleaner Production (225), 120220. 

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